Weiblicher Schmerz braucht mehr Aufmerksamkeit

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
millane Avatar

Von

“Frauen empfinden Schmerzen. Männer auch, allerdings nicht auf die gleiche Art. […] Liegt es daran, dass sie auf andere Art leiden oder das Leben andere Arten von Schmerz für sie bereithält? (S. 18)

Mit dieser Frage setzt sich Eva Biringer in ihrem Buch ‘Unversehrt’ intensiv auseinander. Und gerade diese Frage war für mich ein ausschlaggebender Grund, das Buch zu lesen, denn Schmerz prägt nicht nur meinen Alltag, sondern auch den vieler meiner Freundinnen und weiblichen Bekannten.

Biringer eröffnet das Buch mit einem persönlichen Einstieg: dem Schmerz ihrer Großmutter, die ihr Leben lang unter gesundheitlichen Problemen litt, Medikamente als treue Begleiter sah und Tagebuchseiten voll mit Leiden schrieb. "Der Bauch meiner Großmutter sprach seine eigene Sprache. Warum hörte niemand zu?" (S. 16) Dieser Satz verdeutlicht die zentrale Problematik: Wie oft bleiben die Schmerzen von Frauen unsichtbar, weil niemand hinhört?

Mit einer großen Vielschichtigkeit zeichnet Biringer ein Bild von all den verschiednen Formen des Schmerzes, die Frauen erleben – körperlicher und seelischer Schmerz, ob durch Krankheiten, Menstruation, Geburt oder selbstzugefügte Verletzungen. Und vor allem der Schmerz, der Frauen vom Patriarchat zugefügt wird. So wird der Schmerz von Frauen nicht nur anders bewertet als der von Männern, sondern auch anders behandelt.

Das Buch wird durch aktuelle Studien und zahlreiche Fakten untermauert, aber auch durch eine historische Perspektive auf weiblichen Schmerz – von antiken Vorstellungen bis hin zu biblischen Bezügen, die bis heute noch die Medizin beeinflussen.

Auch wenn mir viele Fakten bereits bekannt waren, kann ich ‘Unversehrt’ absolut empfehlen – für Frauen als empowerndes Buch und für Männer, um besser zu verstehen, wie es ist, als Frau mit Schmerz im Patriarchat zu leben.