Fremdschämfaktor und Schamesröte...

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ismaela Avatar

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Ich bin eine bekennende Fußballhasserin – ich habe nichts gegen den Sport an sich – jeder kann Ball spielen soviel er/sie will – aber der Profifußball (v. a. wenn es um Veranstaltungen wie EM und WM geht) ist in der Sportwelt nun mal der ethisch und moralisch verwerflichste Sport den es gibt, und deshalb hätte ich um dieses Buch auch einen Bogen gemacht. Aber dann war ich doch gespannt auf einen Menschen, der mit diesem Sport sein Geld verdient (hat?) und dabei kein Fußballspieler ist.

Ich habe mich gefragt, ist das Arbeitsleben eines Schiedsrichters wirklich dermaßen interessant, dass man darüber ein Buch schreiben kann/muss? Gibt es so was auch von Tennis-Schiedsrichtern, oder von Kampfrichtern, die Judomeisterschaften beiwohnen? Egal. Losgelegt mit der LP! Ich bin ja immer und oft gerne offen für Neues und lasse mich auch gerne eines Besseren belehren!

Ich lasse einfach mal unter den Tisch fallen, dass die stilistische Komponente und der gute Ausdruck des Geschreibsels weder beim Vorwort noch bei der eigentlichen Geschichte von Belang sind, auch wenn es anscheinend einen Co-Autor gab. Die LP beginnt mit Kapitel 3, deshalb kenne ich den Werdegang des Autors nicht, vielleicht interpretiere ich deshalb das eine oder andere falsch. Aber das habe ich mitgenommen:

Nachdem ich ein paar Seiten lang eine Lektion in richtigem Pfeifen bekommen habe (wer hätte gedacht, dass das so kompliziert ist, und dass man sich beim Pfeifen sogar Schneidezähne ausschlagen kann!!), ging es ans Eingemachte – nämlich den großen und kleinen Dramen auf Fußballplätzen. Und, ich muss es leider sagen, hier hat sich meine Meinung zum Fußball bestätigt.

Kommt es nur mir so vor, oder herrscht bei diesen Spielen national wie international ein Verhalten und Benehmen, für welche man in einer normalen, menschlichen Gesellschaft zu Recht (!!) ausgegrenzt und geächtet werden würde? Da muss sich der „Schiri“ die Seele aus dem Leib pusten, dies wir völlig ignoriert und munter weitergefoult, -bedrängt und -getriezt. Beckham, der pausenlos angegangen wurde, die ausgeflippten Fans, die eine türkische Mannschaft nicht mehr aus dem Stadion bzw. Umkleideräume „entließ“, Fußballspieler, die sich heulend auf dem Boden wälzen, weil sie von einem fremden Fuß berührt worden sind und und und. Der Hinweis vom Klappentext, dass Urs Meier sogar Polizeischutz brauchte, weil er nicht im Sinne der Zuschauer gehandelt hat… Jetzt mal ehrlich! Sind wir hier in einem Affenstall? Muss nicht jedem, der dieses Buch liest, die Schamesröte ins Gesicht steigen? Ich hatte fast durchgehend Gänsehaut – vom Fremdschämen. Nämlich darüber, dass sich erwachsene Männer so aufführen können.

Urs Meier hat sicherlich ein interessantes Buch vorgelegt, vielleicht mit einer anderen Intention als der, die ich herausgelesen habe. In der LP wird nicht ersichtlich, wie er persönlich das Thema „Fussball“ sieht, aber vielleicht kommt das noch im Laufe des Buches. Sieht er bestimmte Verhaltensweise kritisch? Oder gehört für ihn das Rüpelverhalten einfach mittlerweile dazu, sodass es ihm gar nicht mehr auffällt? Dieser Punkt würde mich interessieren. Ansonsten ein heilsames Buch, abseits der hirnlos-grölenden Fußball