Eine sündhafte gute Überraschung!

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chiara1865 Avatar

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Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich wahnsinnig skeptisch an "Vanity Falling - Academy of Sins" rangegangen bin, nachdem ich gesehen habe, dass es in das Dark Romance Genre fällt. Damit verbinde ich automatisch "Very Bad Kings" und da dies nicht meinen Geschmack entspricht, war ich mir nicht sicher, ob dieses Buch mir wirklich gefallen konnte. Und direkt mal vorweg: Ich wurde komplett überrascht.
Vanadis erschafft in dem ersten Teil der Academy of Sins Dilogie ein für mich ganz neues Universum. In ihrem Universum gibt es Sündiger*innen, zu denen die Protagonistin Rahel zählt, die die verschiedenen Todsünden verkörpern. Rahel gehört zum Hause Hochmut und wird in die Akademie gesteckt, wo sie lernen soll, ihre Sündenmacht zu kontrollieren. An der Akademie werden gleichzeitig auch die Wächter ausgebildet, die die Sündiger*innen bewachen und die Menschheit beschützen sollen. Zu diesen Wächtern zählt unser Protagonist Asher. Aufgrund verschiedener "Zufälle" kommt es zu einer Forced Proximity Situation und die beiden werden gezwungen Tag und Nacht miteinander zu verbringen.

Schon relativ schnell wird klar, dass beide eine sehr unterschiedliche Sichtweise auf die Institution, den Orden und die Welt haben. Außerdem wird auch deutlich, dass es in diesem Buch kein eindeutig böse oder eindeutig gut geben wird. Es ist - wie im echten Leben - nämlich so viel komplizierter und schon bald stellt man sich als Leser*in die Frage, ob jede Sünde tatsächlich eine Sünde ist oder ob sie manchmal auch für das Gute eingesetzt werden kann.
Dabei schafft Vanadis es anscheinend mit Leichtigkeit die Figuren auszuschmücken und ganz einfach in diesem moralisch grauen Bereich zu lassen.
Zusätzlich zu dem aus meiner Sicht sehr innovativen Universum sehe ich darin die große Stärke des Buches. Die Fragen, danach, was falsch und richtig ist und, ob man Dinge nicht mal mehr hinterfragen sollte, beschäftigen nicht nur die Charakter, sondern auch die Leser*innen. Vanadis erlaubt es außerdem, dass man selbst Antworten auf diese Frage findet, statt sie vorgesetzt zu bekommen.

Das Buch hat einen angenehmen Pace, einen guten Schreibstil und ich konnte mich nur schwer davon lösen. Die Autorin schafft es, auch die erotischen Szenen sehr schön zu schreiben (und das auf Deutsch, wo es mich doch manchmal ein bisschen schüttelt). Die Intimität die sich zwischen den beiden Charakteren ergibt, ist spürbar und ich habe von Anfang an mit beiden mitgefiebert. Für die Beziehung, die sich zwischen den beiden erwächst, wird sich Zeit genommen, sodass es sich natürlich und realistisch anfühlt. Leider, leider - und das ist eigentlich mein einziger Kritikpunkt an dem Buch - scheint diese Zeit in den letzten paar Kapiteln nicht mehr vorhanden zu sein. Und auch wenn das gut die Situation widerspiegelt, blieb ich am Ende mit Fragen zurück, die insbesondere Rahels Entscheidungen betreffen. Für mich ging es am Ende zu schnell, sodass ich nicht wirklich verstehen und nachvollziehen konnte, was passiert. Ich wünschte mir, dass die Autorin sich an den Stellen noch etwas mehr Zeit genommen hätte, Rahels Gefühlsleben und ihre Ängste näher darzustellen.

Trotzdem sorgt das natürlich dafür, dass ich unbedingt den zweiten Teil lesen möchte. Rahel und Asher sind noch nicht am Ende ihrer Story und der erste Teil legt so einen grandiosen Anfang vor, dass ich dem zweiten Teil entgegenfiebere und ich mich jetzt schon verabredet habe, um ihm gemeinsam zu lesen.

Alles in allem kann ich dieses Buch wirklich allen empfehlen, die Lust haben, auf eine Geschichte mit gut geschriebenen Charakteren, die nicht einfach stereotypisch gut oder böse sind, die versuchen ihre eigenen Werte und Vorstellungen in einem innovativen und interessanten Universum zu finden.