ein wichtiges, aufwühlendes Buch

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sabineproll Avatar

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Sabin Tambrea schildert in diesem Buch die Erlebnisse von 3 Generationen seiner Familie.

Zunächst aus der Sicht eines Kindes (Sabin Tambrea selbst), das in einem liebevollen Kokon aufwächst, den die Eltern, die ältere Schwester sowie die Großeltern und weitere Verwandte bilden. Obwohl er bei der Ausreise des Vaters/der Mutter aus Rumänien noch sehr klein ist, nimmt er die Demütigungen und Entbehrungen, denen die Familie ausgesetzt ist, natürlich wahr und das hochsensible Kind entwickelt Traumata, die sich bis ins Erwachsenenalter fortsetzen.

Die Erinnerungen des Großvaters bilden den 2. Teil und haben mich sehr aufgewühlt. Ich bin in den 60er Jahren in der DDR geboren worden. Von der Armut der Leute in Rumänien hatte ich gehört, einiges habe ich erfahren von unserer ungarisch-rumänischen Nachbarin, die in den 80er Jahren aus Cluj kam und die Frau unseres Nachbarn wurde.
1989 brach auch in der DDR vieles zusammen und wir erfuhren von den ausufernden Machenschaften der Stasi und dem gut versorgten Leben der "Staatsdiener", aber ganz ehrlich: im Vergleich zu Rumänien war das wohl ziemlich Pillepalle (die Schilderungen zum irren Personenkult um Ceaucescu, zu den unverschämten Bereicherungen der Securitate-Mitarbeiter, das systematische und massenhafte Verhaften und Töten von Rumänen durch die Securitate und die weit verbreitete Denunziation als Staatsräson zur Karriereförderung und Vorteilsnahme haben mich sehr erschreckt).

Der 3. Teil schildert das Leben von Sabin Tambrea‘s Eltern in Rumänien und die Gründe die dazu führen, dass zunächst der Vater die schwere Entscheidung trifft, sein Heimatland zu verlassen und in Deutschland neu anzufangen.

Teil 1 und 2 sollten uns auch heute dazu anregen darüber nachzudenken, weshalb Menschen ihre Heimat verlassen (müssen). JEDER möchte mit seiner Familie in Frieden leben können und ein gutes Leben führen, dieser Wunsch ist universal. Das Buch hilft dabei, den Blick aus der "Komfortzone" auf Menschen zu richten, die es nicht so gut haben wie wir in Deutschland, auch und besonders heute noch.

Mir ging es am Schluss so, dass ich das 1. Kapitel noch einmal lesen möchte, nunmehr mit dem Wissen, warum die Tambrea‘s Heimat und Familien verließen, und warum der Anfang in Deutschland emotional so schwer war. Nicht jeder konnte gehen, und ob man die Familie wiedersah, war ungewiss. So war es ja auch für viele Ostdeutsche. Emotional gibt es einige Parallelen, aber auch gewaltige Unterschiede.


Interessiert hätten mich noch einige Aussagen zu den künstlerischen Vorlieben/Ansprüchen der Eltern (welche Komponisten/Musikstücke sie besonders mochten z.B., welche Ziele als Künstler sie hatten), aber das hätte auch etwas den Rahmen des Buches „gesprengt“.
Insgesamt ist es ein sehr berührendes Buch, das hoffentlich auch in Rumänien erscheint.

Hilfreich ist die Namensliste am Ende des Buches, um die beschriebenen Personen zuordnen zu können.