Für einen Thriller zu viele Fakten

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rebekka Avatar

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José Rodrigues Dos Santos ist mit Sicherheit ein großartiger Journalist. Wenn er sich in ein Thema verbeißt, lässt er nicht locker, bis er sämtliche Fakten aufgedeckt hat. Für seine Arbeit beim portugiesischen Fernsehen ist das ein großes Plus. Leider überträgt er diese Detailversessenheit auch auf seine Romane. Und das ist für seine Leser gar nicht gut. Dos Santos mag ja vieles sein – ein guter Thriller-Autor ist er auf jeden Fall nicht!

In seinem ersten auf Deutsch erschienen Roman „Das Einstein Enigma“ ging es um fundamentale Fragen zur Entstehung des Universums und die Suche nach Gott. Schon in diesem Buch bildete die Thriller-Handlung einen recht wackligen Rahmen für die weitaus größeren Raum einnehmenden Gespräche philosophischen Inhalts. Beim zweiten in Deutschland verlegten Roman „Der Schlüssel des Salomon“ bin ich über die Leseprobe gar nicht hinausgekommen, weil mich die die vielen physikalischen Begriffe abschreckten.

Dieses dritte Buch berichtet nun in epischer Breite von den finanziellen Machenschaften der Vatikanbank, die Geldwäsche für die Mafia und italienische Politiker betreibt. Eingebettet ist dieses Thema in eine wüste Geschichte von der Entführung des derzeitigen Papstes durch fundamentale Islamisten, die nur durch das Eingreifen des portugiesischen Historikers Tomás Noronha ein gutes Ende findet.

Leider hat Dos Santos nicht das schriftstellerische Talent, um eine solche Story spannend und nachvollziehbar zu Papier zu bringen. Die Verfehlungen des Vatikans schildert er viel zu detailliert – so genau will das ein Thriller-Leser gar nicht wissen. Die Figuren sind blaß, die Handlung ist oft unglaubwürdig und der ganze Plot wirkt mühsam zusammengeschustert. Welcher Ermittler würde, während er nach einem Entführten sucht, der in wenigen Minuten enthauptet werden soll, seiner Begleiterin in allen Einzelheiten die kriminellen Geschäfte der Vatikanbank schildern? Ganz zu schweigen von dem dämlichen Polizeichef, der nichts rafft und dem Helden alle mögliche Steine in den Weg legt. Diese Klischeefigur haben Krimiautoren schon vor einem halben Jahrhundert in aller Stille beerdigt. Bei Dos Santos feiert sie fröhliche Wiederkehr – und das auch noch auf eine solch penetrante Weise, dass der Leser aus unbändiger Wut auf so viel schriftstellerisches Unvermögen in die Tischkante beißen möchte.

Wenig Positives lässt sich leider auch über das Cover sagen. Die bei allen Büchern Dos Santos‘ auftauchende rote Banderole mag ja als Wiedererkennungseffekt ganz nützlich sein. Aber sie wirkt auch schrecklich billig und passt eher zu einem Groschenroman als zu einem Thriller.