Ein Krimi, der von seiner Alpenstimmung und den tollen Charakteren lebt

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smartie11 Avatar

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Zum Inhalt:
Der umstrittene Deutsch-Rocker Wolf Rock will in Innsbruck sein Abschiedskonzert geben und dabei das Bergisel Stadion in einen Hexenkessel verwandeln. Doch wenige Tage vor dem Auftritt taucht ein Brief auf, in dem der anonyme Absender damit droht, Wolf Rock für eine „Schandtat ´76“ brennen zu lassen. Ist das Ganze nur ein geschmacklos inszenierter Marketinggag oder geht es hier wirklich um Tod oder Leben?

Meine Meinung:
Mit „Veilchens Feuer“ legt Autor Joe Fischler nun den zweiten Band mit seiner sympathischen Ermittlerin Valerie „Veilchen“ Mauser vor. Da ich den ersten Teil selbst noch nicht gelesen habe, kann ich an dieser Stelle keinen Vergleich ziehen.

Erwartet hatte ich mir von „Veilchens Feuer“ einen spannenden Regional-Krimi mit „gnadenlosem Tempo“, wie es in der Buchbeschreibung ja auch versprochen wird. Doch leider habe ich genau dieses Tempo vermisst. Auf den ersten knapp 100 Seiten hatte ich das Gefühl, dass es so gar nicht voran geht. Und auch im Folgenden ist mir über weite Strecken einfach viel zu wenig passiert, zogen sich die Ermittlungen der Innsbrucker Polizei wie ein Kaugummi hin. Das Spannendste war für mich über rd. 3/4 des Buches der zweite Handlungsstrang aus der Vergangenheit, der in meist kurzen Passagen in die Haupthandlung eingestreut wurde. Erst im ca. letzten Viertel des 290 Seiten starken Buches, als der Temin des großen Abschlusskonzertes immer näher rückte, kamen Spannung und sogar ein ordentliches Tempo auf. Das Finale dann war wirklich spannungsgeladen, action- und temporeich.

Desweiteren bin ich ein Freund von „whodunit“-Krimis, bei denen ich mit immer wieder neuen Verdächtigen verwirrt und aufs Glatteis geführt werde. Doch auch hier bot sich für meinen Geschmack keinerlei „Mitermitteln“ an. Selbstverständlich gab es eine Handvoll verdächtiger Personen, doch wer am Ende der Verfasser des anonymen Drohbriefes war, ließ sich aus meiner Sicht vom Leser in keiner Weise durch versteckte Hinweise, zu ziehende Querverbindungen oder Ähnliches erahnen. Gefühlt hatte ich keine Chance, auf den „Täter“ zu kommen, schade eigentlich.

Die große Stärke dieses Krimis liegt für meinen Geschmack in den wirklich sehr schön ausgearbeiteten, sehr individuellen und teilweise extrem gegensätzlichen Charakteren. Allen voran natürlich Valerie „Veilchen“ Mauser, die nicht nur durch ihren blonden „Afro“ aus der breiten Ermittlermenge heraussticht. Was mir an ihr besonders gut gefällt, ist das kleine Teufelchen (manchmal auch „böse Souffleuse“ genannt), das Veilchen auf ihrer Schulter sitzen hat und das ihr manchmal bitterböse Kommentare zuflüstert. Wer kennt das nicht? Selbstverständlich trägt auch Valerie Mauser ihre eigenen Dämonen aus ihrer Vergangenheit mit sich herum, das gehört mittlerweile ja schon zur literarischen Standard-Ausrüstung für Ermittler.

Aber auch die anderen Charaktere sind Joe Fischler gut gelungen, sei es Veilchens bester Freund und Wegbegleiter Stolberg (der dank Pferdegeruch einen schönen „running gag“ liefert), ihr etwas merkwürdiger Stellvertreter Nikolaus Geyer, der manchmal näher an seinem Kumpel Wolf Rock als an seinem Team zu sein scheint, der mich aber dennoch mehrfach überrascht hat oder der jugendlich-charmante Assistent Schatz. Komplettiert wird die Riege durch skurrile Personen wie den Alice-Cooper-artigen Wolf Rock (alias Gotthilf Semmelweis) sowie die „Witzfigur“ des Landeshauptmanns Hubertus Freudenschuss (großartiger Name für diese Figur!). Wie gesagt, Fischlers Charaktere sind ein sehr unterhaltsamer und bunter Haufen.

Ebenfalls gut gefallen hat mir Fischlers Schreibstil, der sehr gut zu seinen Charakteren und dem österreichischen Setting passt. Er liest sich sehr flüssig und unterhaltsam und erscheint mir durchaus authentisch. Auch Fischlers Humor, gerade zu Beginn der Geschichte, gefällt mir gut und kommt manchmal fein ironisch, manchmal auch schön bissig rüber.

FAZIT:
Ein solider und durchaus unterhaltsamer Krimi, der insbesondere von seinen schrägen Charakteren lebt, dafür aber in Sachen Spannung und „Miträtseln“ ein wenig zu wünschen lässt. Daher von mir gut gemeinte 3 Sterne.