Wahrheit oder Fiktion?

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elke17 Avatar

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Der junge Medizinstudent Fähner trifft auf eine Feier die 3 Jahre ältere Ingrid, die ihn sofort durch ihre Körperlichkeit fasziniert. Schon nach einer Woche macht er ihr einen Heiratsantrag und da er eine gute Partie ist, nimmt Ingrid ihn an. Ihre Hochzeitsreise führt sie nach Ägypten und dort fordert sie ihn in einer Liebesnacht auf, ihr das Versprechen zu geben, dass er sie, die bisher von ihren diversen Liebschaften nur enttäuscht wurde, niemals verlassen werde. Nach Beendigung des Studiums gehen sie zurück nach Rottweil, die schwäbische Kleinstadt, aus der beide kommen. Nach und nach zeigt Ingrid ihr wahres Gesicht: Sie will ihn dominieren, ist krankhaft eifersüchtig, beschimpft und kritisiert ihn bei jeder sich bietenden Gelegenheit. Fähner nimmt es mit stoischem Gleichmut hin und distanziert innerlich immer mehr von seiner Frau. Nach 48 Ehejahren kann er die Demütigungen nicht länger ertragen und erschlägt Ingrid mit einer Axt. Anschließend zerteilt er ihren Körper mit gezielten Axthieben, säubert sich danach, greift zum Telefon und informiert die Polizei völlig emotionslos von seiner Tat. Im nachfolgenden Prozess wird er schließlich zu 3 Jahren Haft verurteilt.

Ferdinand von Schirach schreibt Geschichten. Geschichten von unscheinbaren Menschen, bei denen irgendwann der Damm bricht und sich die Emotionen in einer extremen Gewaltreaktion entladen. Ist das wirklich so passiert oder hat sich der Autor diese Geschichte nur ausgedacht ? Ich denke schon, dass die Erzählung von Fähner und Ingrid genau so passiert sein kann.

Von Schirach ist sicher in der Lage, durch seine Arbeit als Strafverteidiger aus einem großen Fundus schöpfen zu können. Inwieweit er im vorliegenden Fall tatsächlich der Verteidiger des Täters war - darüber kann nur spekuliert werden.

Die Sprache und der Stil der Leseprobe ist sehr klar, einfach und lakonisch, eben wie eine Reportage - aber gerade deshalb trifft sie den Leser mitten ins Herz!