Kein Verbrechen ist wie das andere

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_nadine_ Avatar

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Der Berliner Strafverteidiger Ferdinand Schirach schickt den Leser in seinem Buch "Verbrechen" auf die Suche nach dem Sinn einer Bestrafung.

In Deutschland wurde das im Mittelalter vorherschende System eine Tat mit einer immer gleichen Strafe zu belegen abgeschaft - warum sich dies als absolut notwendig erweist zeigt der Autor anhand von elf Fällen.

Da wäre zum Einen ein angesehenen und Arzt aus Süddeutschland, der über Jahre hinweg von seiner Frau gedemütigt und beschimpft wird. Aufgrund eines für ihn bindenden Versprechens lässt er sich nicht scheiden, sondern staut die Aggressionen ihr gegenüber in sich auf. Bis es eines Tages zur Expolsion kommt...

Desweiteren beschreibt der Autor die Geschichte eines gescheiteren Mannes, der nach mehreren Rückschlägen in Äthopien Fuß gefasst hat. Aufgrund eines Haftbefehls wird er jedoch zurück nach Deutschland geschickt und ist dort gezwungen ein weiteres Verbrechen zu begehen...

Zum anderen wird der Fall eines Geschwisterpaares geschildert. Beide sind eng miteinander verbunden und als einer der beiden nach einem Unfall behindert ist greift der andere zum scheinbar letzten Mittel: der Erlösung.

Dies sollen nur einige Beispiele aus der Verbrecherkartei sein. Klar ist, bei jeder der aufgezeigten Taten kann man sich in die Geschichte des Verbrechens einfühlen. Man erfährt die Hintergründe und bekommt somit einen ganz anderen Bezug zum Täter, als wenn man, zum Beispiel aus den Medien, lediglich Sätze wie "Verrückter Mann zerstückelt seine Frau" oder "Junges Mädchen verschwindet spurlos. Zur gleichen Zeit taucht ein junger Mann mit einem blutverschmierten Messer auf der Polizeiwache auf" hört. Dabei fällt es einem viel leichter den Täter zu verurteilen.

Mit unerschrockener Sachlichkeit zeigt Schirach mit welchen Problemen sich Gerichte beschäftigen müssen. Dabei steht immer wieder die Frage nach dem Sinn der Strafe im Mittelpunkt. Natürlich soll sie andere Täter abschrecken und die Bevölkerung dadurch schützen, andererseits dürfen die Beweggründe eines Täters für eine Tat nicht außer Acht gelassen werden. Eine Gradwanderung, die nicht immer alle an einem Verfahren beteiligten Partein zufrieden stellen kann.

 

Mein Fazit:

Ein absolut lesenswertes Buch! Ich war total gefesselt und nicht selten schockiert. Es ist erschreckend, wie nahe manche fiktiven Krimis an der Realität liegen.