Verbrechen und Strafe

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sabatayn76 Avatar

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Inhalt:

Ferdinand von Schirach ist Anwalt und Strafverteidiger und hat mit "Verbrechen" elf Stories über Verbrechen, Strafe und Schuld vorgelegt.

Mein Eindruck:

„Verbrechen“ beginnt mit einer interessanten Geschichte, dem Fall von Friedhelm Fähner, der ein unauffälliges Leben führt und plötzlich seine Ehefrau zerhackt. Diese Story klang vielversprechend, und ich glaubte (und hoffte), dass dem Leser in den folgenden Geschichten weitere Einblicke ins deutsche Strafsystem geboten werden. Leider war dem nicht so, und die nachfolgenden Fallberichte waren teils langweilig, teils grenzüberschreitend detailverliebt und zeigten weder psychologischen noch juristischen Tiefgang.

Die Sprache von Ferdinand von Schirach war bisweilen zu dramatisch und reißerisch („Er war glücklich. Es war das letzte Mal in seinem Leben.“). Im Verlaufe des Buches hatte ich mehr und mehr den Eindruck, dass es dem Autor größtenteils um Selbstbeweihräucherung ging, dass er seine Stories dafür nutzt, sich selbst auf die Schultern zu klopfen, weil er alles so gut im Griff hat.

Die Gewaltschilderungen haben mich sehr abgestoßen. Ich vertrage sicherlich einiges und bin nicht zimperlich, aber ich finde, dieses Ausmaß ist im Rahmen eines solchen Buches unnütz. Anderen Autoren gelingt es zumindest, ohne Gemetzel und detaillierte Beschreibungen von Gewebebestandteilen Entsetzen beim Leser hervorzurufen.

Der Autor bringt meiner Meinung nach nichts Neues. Geschichtchen dieser Art kann man in jedem billigen Thriller finden. Unter dem Deckmantel der „Wahrheit eines Strafverteidigers“ wirkt das Ganze auf die Mehrheit wahrscheinlich spannend und neu, ist es aber nicht.

Mein Resümee:

Wer sich für Fallgeschichten und Phänomene wie Rechtsextremismus, Kindesmissbrauch und sexuelle Paraphilien interessiert, der sollte die populärwissenschaftlichen Bücher von Andreas Marneros lesen. In allgemeinverständlicher Sprache erzählt der Psychiater Marneros die Geschichten von Straftätern und erklärt nebenbei Begriffe wie Schuld(un)fähigkeit, Maßregelvollzug, Persönlichkeitsstörungen und psychische Erkrankungen.

„Verbrechen“ ist meiner Meinung nach ein Buch, das nur an der Oberfläche kratzt, delinquentes Verhalten und Strafbemessung nicht ausreichend erklärt und somit kein Wissen und keine Erkenntnis vermitteln kann.