Verbrecher sind eben doch nicht nur Verbrecher

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dark rose Avatar

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 Dieses Buch besteht aus vielen einzelnen Geschichten aus dem Lebens eines Anwalts. Er hat sie aufgeschrieben und jede ist auf ihre Weise etwas besonderes. Was aber das einzigartige an diesem Buch ist, ist die Tatsache, dass die "Verbrecher" hier nicht nur als die bösen Verbrecher dargestellt werden, sondern als Menschen, als Opfer. Jeder kann zu einem Verbrecher werden, die Frage ist nur wie. Wie wird ein Mensch zum Mörder oder zum Dieb? Was trieb ihn dazu und ist er wirklich böse? All diese Fragen werden in diesem Buch gestellt und mit Hilfe der Einzelschicksale beantwortet.

Das Buch beginnt mit der Geschichte von Fähner, der seine Frau nach fast 50 Jahren Ehe mit der Axt erschlägt und zerstückelt. Ganz klar er ist ein Mörder, böse und gefährlich. Doch so einfach ist die Sache dann doch nicht. Seine Frau Ingrid hat ihn während ihrer gesamten Ehe psychisch terrorisiert, sie hat ihm das Leben buchstäblich zur Hölle gemacht, doch er konnte sie nicht verlassen, er hatte ihr das vor vielen Jahren geschworen, und ein Mann wie er hielt sein Wort. Doch an diesem Tag wurde es zu viel, er musste sich befreien. Es ist verständlich, oder? Wer kann ihm das zum Vorwurf machen? Und genau das, finde ich an diesem Buch so gut. Die Welt ist eben doch nicht nur schwarz und weiß und Verbrecher eben doch nicht nur Verbrecher, sondern manchmal wie Fähner, Opfer.

Es geht weiter mit drei Jungs die sich als Diebe versuchen und dabei an den Falschen geraten, dem es gar nicht gefällt bestohlen zu werden, wie er mit ein paar Morden eindeutig zeigt. Dieser Herr Tanata wurde bestohlen und jagte die Diebe bis er durch den Anwalt der dieses Buch geschrieben hat, sein Eigentum zurück erhielt. Bis zu diesem Zeitpunkt waren einige Menschen brutal gefoltert und ermordet worden. Und da sieht man es wieder, ein Opfer kann auch ein skrupelloser Mörder sein, und die Diebe drei Jungen, die einfach den Falschen bestohlen hatten und am Ende nur froh waren noch am Leben zu sein.

In der nächsten Geschichte geht es um eine ganze Familie. Ein Mann verliert seine Frau bei einem tragischen Unfall und erzieht daraufhin seine Kinder allein mit der Hilfe seiner früheren Nanny. Er will die Kinder hart machen, so wie er es ist, doch das geht schief. Am Ende haben die Geschwister nur sich und die Schwester ihre Musik, sie spielt Cello. Sie hassen ihren Vater und gehen schließlich weg um die Welt zu sehen. Durch einen Unfall wird der Bruder schwer verletzt und hat am Ende einen schweren Gehirnschaden davon getragen, er erkennt nicht einmal mehr den wichtigsten Menschen in seinem Leben: seine Schwester. Er sieht nur noch eine wunderschöne Frau die immer bei ihm ist und sich um ihn kümmert. Er findet sie attraktiv aber sein Zustand wird immer schlimmer. Schließlich erträgt seine Schwester den Gedanken nicht mehr, ihn so zu sehen und bringt ihn um. Im Gefängnis erhängt sie sich dann und ihr Vater erschießt sich, als er die Nachricht erhält. Und wieder die Frage: Kann man der Schwester wirklich zum Vorwurf machen ihren Bruder getötet zu haben? Kann man sie nicht auch irgendwie gut verstehen? Ein Unfall ist am Tod von drei Menschen schuld, einfach so.

Anschließend geht es um einen Jungen, der schon immer anders als seine übrige Familie war. Er war kein Gangster wie alle anderen, er war auch nicht dumm oder ungebildet, im Gegenteil, er war Hochintelligent, wenn nicht gar ein Genie. Er wird reich und hilft einem seiner Brüder schließlich als dieser vor Gericht steht für ein Verbrechen, das er auch begangen hat. Doch er schafft es ihn da raus zu holen mit Hilfe einer wirklich genial inszenierten Vorstellung vor Gericht. Aus dieser Geschichte lernt man, dass eben nicht jeder so ist wie er scheint. 

In der nächsten Geschichte hat ein Pärchen wirklich Glück. Sie ist eine Prostituierte deren Kunde beim Oralsex stirbt, auf natürliche Weise. Doch weil sie illegal in Deutschland ist versteckt sie sich bei einer Freundin. Ihr Freund will sie beschützen und zerstückelt die Leiche und begräbt sie im Park. Das alles fliegt später auf, doch es wird fest gestellt, dass es wirklich ein natürlicher Tod war. Diese Geschichte zeigt, dass nicht alles immer so sein muss, wie man denkt und dass es eben doch noch Menschen gibt die etwas nur für andere tun.

Die folgenden Geschichten lassen sich zusammenfassen als bunten Mix aus Missverständnissen, psychischen Krankheiten und Menschen, die man einfach nicht versteht. Doch die letzte Geschichte ist meiner Meinung nach die beste. Es geht um einen Mann, der sein Leben lang Pech hatte. Dann überfällt er eine Bank und geht nach Äthiopien. Er wird krank und stirbt fast. Doch er überlebt und findet sich in einer anderen Welt wieder, einer besseren Welt. Er verliebt sich, bekommt ein Kind und verhilft seinem Dorf zum Wohlstand. Er ist plötzlich ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft und wird überall respektiert. Doch dann fliegt er auf und wird nach Deutschland zurück gebracht. Dort angekommen überfällt er aus Verzweiflung wieder eine Bank, flüchtet aber nicht wirklich. Es kommt zur Verhandlung und er wird schließlich zu zwei Jahren verurteilt. Nach der Hälfte der Zeit darf er nach Äthiopien zurück und nimmt sein neues Leben wieder auf. Eine Geschichte mit perfektem Happy End.

Abschließend kann ich zu diesem Buch nur sagen: Wow! Ich finde es wirklich genial, wenn auch an einigen stellen ziemlich eklig. Aber alles in allem ist es wirklich etwas ganz besonderes. Wann wird man schließlich schon so oft überrascht und sieht am Ende die Welt ganz anders? Was man aus diesem Buch mit nimmt ist letzten Endes die Gewissheit, dass Menschen nicht immer so sind wie man es von ihnen erwartet. Verbrecher sind nicht immer böse, Opfer nicht immer nur gut. Man lernt die Grautöne zu sehen und nicht immer alles nur schwarz oder weiß zu sehen. Ich kann das Buch nur empfehlen, es ist wirklich etwas ganz besonderes. Und das Beste ist: alle Geschichten sind wahr!