Berührend, auf eine ganz besondere Art.

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bookish.secrets Avatar

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Als ich "Verlangen" zum ersten Mal in den Händen hielt, habe ich ehrlicherweise nicht allzu viel erwartet. Ich dachte, es würde eine typische Geschichte um das verkorkste Liebesleben einer Frau werden.
Und es ist eine Geschichte um das verkorkste (Liebes-)Leben einer Frau, aber sie ist auf keinen Fall typisch. Sie ist etwas ganz besonderes.

Die Geschichte rund um das Leben von Bregje (der Protagonistin) hat mich von der ersten Seite an fasziniert. Dadurch, dass das ganze Buch lang aus ihrer Perspektive erzählt wird, erhält man als lesende Person Stück für Stück einen immer besseren Einblick in ihren Kopf. Gleichzeitig erfährt man so aber erst nach einiger Zeit, in was für einer Situation sie sich gerade befindet. Man ist quasi live dabei, wie diese Frau ihr komplettes Leben anhand von Tagebucheinträgen reflektiert und dieser Vorgang ist wahnsinnig spannend zu beobachten. Immer wieder eingeschoben sind also wirkliche Tagebucheinträge, die man nachlesen kann und die einem helfen, das Geschehene zu rekonstruieren. Besonders ist auch, dass es zwischen manchen Kapiteln Ausschnitte aus dem Debütroman der Hauptfigur gibt. Auch dadurch hatte ich beim Lesen den Eindruck, ich würde ihr immer näher kommen und immer besser verstehen, wie sie denkt und fühlt. Was nicht heißt, dass ich mich zu hundert Prozent mit ihr identifizieren konnte, aber auch, wenn ich einige ihrer Handlungen nicht klug fand, konnte ich sie doch trotzdem irgendwie immer verstehen.

Abgesehen von dieser fantastisch ausgearbeiteten Handlung hat mich der Schreibstil der Autorin wahnsinnig überzeugt! Ich habe noch nie so viele Seiten markiert, einfach nur, weil ich die Formulierungen, die dort standen so berührend und so schön fand. Hofstede hat eine ganz besondere Art, über Banales und Alltägliches zu schreiben und verleiht diesen Dingen einen Zauber und eine Tiefe, die niemand von uns normalerweise spürt. Ihre Sätze haben mich berührt, waren teilweise beinahe poetisch und doch klar, ausdrucksstark und schonungslos ehrlich.
Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir folgende Aussage:

"Ich liebe es zu Schweigen. Ich schweige, weil ich wissen will, wie meine Gedanken aussehen, bevor ich ihnen eine für dich erkennbare, entzifferbare Form gebe (und ihnen dadurch bereits ein wenig deine Form gebe)."

Die Art, mit der die Protagonistin die Welt betrachtet und die Art, die die Autorin dies beschreibt, bewegen einen zum nachdenken. Die Sätze halten einen fest, berühren und lassen einen fühlen. Das ist der Zauber dieser Geschichte.