Eisige Familiengeheimnisse

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Inhalt
Inmitten der unwirtlichen Lavafelder Islands trifft sich der wohlhabende Snæberg-Clan zu einer Familienfeier in einem modernen Hotel. Was als harmonisches Treffen beginnt, entwickelt sich schnell zu einem bedrohlichen Szenario. Das Verschwinden eines Gastes während eines heftigen Schneesturms legt die tiefen Risse und dunklen Geheimnisse dieser scheinbar perfekten Familie offen. Jeder wird zum Verdächtigen, während die Vergangenheit der Snæbergs Schicht für Schicht enthüllt wird – bis die schockierende Wahrheit ans Licht kommt.

In Verlassen von Ægisdóttir ist der Untertitel Mörderisches Island Programm. Dabei hat mich die Autorin durch den geschickten Einsatz von Perspektivwechseln wie Zeitsprüngen, die von Anfang an Spannung aus dem Rätselhaften erzeugt haben, mich sofort in ihren Bann gezogen.

Ein dramatischer Auftakt
Der Roman beginnt mitten im Geschehen: In einer kalten Nacht irrt eine unbekannte Frau durch eine fremde Gegend. Die Kälte, die ihr bis in die Knochen kriecht, und die bedrohliche Atmosphäre, verstärkt durch eine Bewegung im Augenwinkel und Schritte hinter ihr, lassen Schlimmes erahnen. Die Begegnung mit einem wütenden Mann steigert die Spannung zusätzlich und wirft Fragen nach der Identität der Frau und dem Grund ihrer nächtlichen Wanderung auf. Der spätere Fund einer Leiche durch den Kriminalpolizisten Sævar vertieft das Mysterium.

Komplexe Erzählweise durch Zeitsprünge wie verschiedene Blickwinkel
Die nicht-chronologische Erzählweise, die zwischen "In der Nacht auf Sonntag", "Zwei Tage vorher" und "Jetzt" springt, hält die Spannung aufrecht und hat mir erst nach und nach relevante Informationen enthüllt. Gleichzeitig wechselt die Perspektive zwischen der namenlosen Frau, Irma, der Hotelangestellten, Sævar, dem Polizisten, Petra Snæberg und Tryggvi, Oddnýs Partner. Jeder dieser Charaktere bietet einen einzigartigen Blickwinkel auf die Ereignisse und die Familie Snæberg. So entsteht ein vielschichtiges Bild der Situation.

Die Familie Snæberg im Fokus
Im Zentrum der Geschichte steht die wohlhabende und einflussreiche Familie Snæberg. Irma, die Hotelangestellte, ist fasziniert von ihrem Reichtum und Glamour, gleichzeitig aber auch neidisch und auf der Suche nach Makeln hinter der perfekten Fassade. Tryggvi, der mit Oddný, einem Mitglied der Familie, liiert ist, beobachtet das Geschehen mit einer Mischung aus Unbehagen und Misstrauen. Petra Snæberg, ein weiteres Familienmitglied, kämpft mit dem Druck, die Kontrolle über ihr Leben und ihre Familie zu behalten, während im Hintergrund ein Konflikt mit ihrem Mann Gestur angedeutet wird.

Die zentralen Themen
Von Anfang an ist es Ægisdóttir in ihrem Kriminalroman gelungen, unterschiedliche Fragen aufzuwerfen. Dazu zählen einerseits die Diskrepanz zwischen Reichtum und dadurch bedingtem Status sowie andererseits den Konflikten innerhalb der Familie Snæberg. Die Geschichte thematisiert den schmalen Grat zwischen Faszination und Neid, den ein solcher glamouröser Lebensstil auslösen kann. Gleichzeitig werden die komplexen Beziehungen innerhalb der Familie beleuchtet, die von Rivalitäten, aber auch Geheimnissen geprägt sind. Das Bedürfnis nach Kontrolle, verkörpert durch Petra, steht im Kontrast zum drohenden Chaos. Und schließlich wird die Frage nach Schein und Sein aufgeworfen: Wie perfekt ist die Fassade der Snæbergs wirklich, und welche dunklen Geheimnisse verbergen sich wohl dahinter?

Fazit
Verlassen hat mich von Beginn an durch die vielen offenen Fragen, mit denen ich konfrontiert wurde, in seinen Bann gezogen. Spannung wurde etwa durch die Frage nach der Frau in der Kälte und dem Zusammenhang ihres Schicksal mit der Familie Snæberg erzeugt. Dabei hat mich dieser Krimi nicht allein durch die Auflösung des Falls interessiert, sondern auch durch das darin integrierte Familiendrama. Das hat die im Roman erzählte Geschichte zu einer vielschichtigen Enträtselung der Geheimnisse, die die Familie Snæberg umgeben, für mich werden lassen.