schwaches und sehr konstruiert wirkendes Prequel

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mrs-lucky Avatar

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Der aktuelle Titel „Verlassen“ ist zwar der 4. Band aus Eva Björg Ægisdóttirs Island-Krimi-Reihe, zeitlich ist diese Geschichte jedoch vor den anderen Bänden angesiedelt und unterscheidet sich im Stil deutlich von diesen.
Im Mittelpunkt steht eine Familienfeier der in Island prominenten Familie Snæberg, die Anfang Dezember 2017 für ein Wochenende gleich ein ganzes Hotel in einer abgelegenen Gegend im Westen Islands für ihr Treffen anmietet. Schnell wird deutlich, dass der schöne Schein trügt, es gibt einige Familienmitglieder, die Probleme und Traumata aus der Vergangenheit mit sich herumtragen. Auch zwischen den Mitgliedern des Clans schwelen verschiedene Konflikte. Die Perspektiven wechseln, die Geschichte folgt einigen Familienmitgliedern, wie zum Beispiel der Innenarchitektin Petra, deren Ehe kriselt und die sich Sorgen um ihre Tochter Lea macht. Letztere verlebt unruhige Tage, nachdem sie feststellt, dass sie auf Social Media zu leichtfertig Privates gepostet hat. Die Situation eskaliert, als am Samstagabend ein Mitglied der Familie spurlos verschwindet.
Auch in den früheren Bänden baut die Autorin vereinzelt Spannung auf, indem sie wichtige Details gezielt unausgesprochen lässt. Hier hat sie meiner Meinung nach den Bogen überspannt, es wird zu offensichtlich verschwiegen, um wen es sich bei dem Opfer handelt. Die Dialoge zum Beispiel bei der Begutachtung des Tatorts und die Befragungen der Familie wirken dadurch sehr unnatürlich und konstruiert. Auch gab es für meinen Geschmack zu viele Wiederholungen bei den Andeutungen zum Bespiel zu Vorkommnissen in der Vergangenheit von Petra und Lea, aber auch zu der Lebenssituation der Angestellten Irma oder dem Alkoholproblem Tryggves. Hat die Autorin befürchtet, in den häufigen Wechseln der Erzählperspektiven würden die Leser den Überblick verlieren?
Seltsam finde ich außerdem, dass bei dem Handlungsstrang der Ermittlungen in der „Jetzt“-Zeit für die Erzählung das Präteritum gewählt wurde, während die Ereignisse aus den Tagen davor im Präsens erzählt werden. Das hat mich mehrfach im zeitablauf verwirrt.
Auf mich wirkt die Geschichte zu sehr konstruiert, die Ermittlungen treten sehr stark in den Hintergrund, mir fehlt in diesem Band das Element der persönlichen Geschichte der Polizisten. Würde ich Sævar und Hörður nicht aus den anderen Bänden kennen, hätten sie keinerlei bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen.
Insgesamt habe ich diesen Band als enttäuschend schwach und konstruiert empfunden.