Tolles Flair und sehr spannend!

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Normalerweise halte ich bei Reihen immer die Reihenfolge ein. „Verlassen“ hat mich aber einfach so sehr angesprochen, dass ich hier eine Ausnahme machen musste. Nach all den besinnlichen Romanen in der (Vor-)Weihnachtszeit, habe ich gerade total Lust auf Krimis und Thriller. Der Klappentext verspricht einen klassischen Whodunit-Krimi mit einem Hauch von skandinavischer Düsternis, und das Versprechen wurde mehr als gehalten. Die Vorstellung, dass eine scheinbar perfekte Familie dunkle Geheimnisse birgt, hat meine Neugier geweckt.

Die Geschichte um die verschwundene Person auf dem Familienfest der Snaebergs entführt uns auf eine einsame Insel, wo eine scheinbar perfekte Fassade bröckelt. Die Autorin schafft eine dichte Atmosphäre, in der jeder Schatten einen Verdacht nährt. Die verschiedenen Perspektiven und die leicht verwobene Zeitebene sorgen für ein Puzzle, das der Leser erst nach und nach zusammensetzen muss. Der am Anfang beigefügte Familienstammbaum ist dabei eine große Hilfe, um den Überblick über die zahlreichen Beziehungen zu behalten. Die Isländischen Namen machen alles noch authentischer, auch wenn sie für mich immer eine Herausforderung darstellen.

Besonders beeindruckend fand ich die Charaktere. Jeder der Familienmitglieder hat seine eigenen dunklen Geheimnisse und Motive. Keiner ist ganz so, wie er scheint. Die unzuverlässigen Erzähler, allen voran die mysteriöse Hotelangestellte Irma, säen Zweifel an der Wahrheit und haben mich beim Lesen richtig gut unterhalten, sodass es durchgehend spannend war. Die isländische Kulisse verstärkt die düstere Stimmung und trägt zur Spannung bei. Man fühlt förmlich den eisigen Wind um die Gesichter der Charaktere wehen und die Isolation der Insel.

Die Handlung entwickelt sich langsam aber stetig, was ich bei Kriminalromanen sehr mag. Die Geschichte baut sich langsam auf, bis sie schließlich in einem überraschenden Finale endet. Dabei spielt der Ermittler Saevar eher eine untergeordnete Rolle – im Mittelpunkt stehen die Familienmitglieder, die alle ihre eigenen Geheimnisse hüten. Die vielen Probleme, Geheimnisse und Zwistigkeiten innerhalb der Familie, die durch Alkohol und andere Substanzen noch verschärft werden, tragen zu einer explosiven Mischung bei.

Insgesamt war „Verlassen“ für mich ein überzeugender Krimi, der vor allem mit der düsteren Atmosphäre punkten kann. Ich wurde von Anfang bis Ende gut unterhalten und die Auflösung hat die Geschichte passend aufgelöst. Wer düstere Familiengeschichten und skandinavische Noir-Literatur liebt, kommt hier voll auf seine Kosten.