Opulentes Südstaatendrama

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laberladen Avatar

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Darum geht's:

Sein Vater liegt im Sterben und Marshall McEwan sieht es als seine Pflicht an, die letzten Monate mit ihm zu verbingen und seine Mutter zu unterstützen. Auch wenn Vater und Sohn schon lange entzweit sind und Marshall eher schlechte Erinnerungen an seine Heimatstadt Bienville direkt am Mississippi hat, verlebte er in seiner Jugend auch schöne Zeiten dort. Besonders der Archäologe Buck Ferris war ein Vaterersatz für Marshall, doch statt jetzt wieder eine schöne Zeit mit ihm zu verbringen, muss Marshall zusehen, wie man seine Leiche aus dem Fluss fischt.

So fand ich's:

Buck Ferris muss wohl etwas ausgegraben haben, dass ihn das Leben kostete. Kein Wunder, denn direkt am Mississippi wollen asiatische Investoren eine Papierfabrik finanzieren, die der Region Milliarden einbringen könnte. Der Zusammenschluss einflussreicher Männer Bienvilles, den man den "Bienville Poker Club" nennt, will sich dieses Geschäft auf keinen Fall entgehen lassen. Was kümmern da archäologische Funde und ein einzelnes Menschenleben. Marshall kann sich dabei nicht heraushalten, denn er vertritt seinen Vater als Herausgeber der örtlichen Zeitung. Auch wenn er einige Mitglieder des Poker Clubs seit Kindesbeinen an kennt, will er auf keinen Fall zulassen, dass eventuell der Mord an Buck Ferris vertuscht wird.

Der Erzähler Marshall baut seine Rückblicke und Erklärungen über die Verflechtungen mit den Personen dieses Ortes in seine Gegenwart ein. Man erlebt keine wirklichen Zeitsprünge zwischen einem aktuellen und einem vergangenen Handlungsstrang, sondern folgt Marshall bei seinen kurzen gedanklichen Abschweifen in die Vergangenheit. Denn auf dieser Vergangenheit baut die Gegenwart des Ortes und seiner Bewohner auf und das, was früher passierte, ist in Marshalls Gedanken und der Handlung sehr präsent.

Die Story ist dicht gewebt und es wimmelt von Verflechtungen zwischen den Personen im Jetzt und in der Vergangenheit. Iles kommt sehr nah an die Realität einer Kleinstadt, in der man über Genrationen miteinander bekannt oder verfeindet ist. Niemand ist nur gut oder böse, es gibt nicht nur schwarz und weiß und bei jeder Entscheidung sind viele Facetten zu bedenken. Das Buch wird zwar aus der Sicht von Marshall McEwan erzählt, es hat aber mehrere starke Charaktere, die genauso viele gute wie schlechte Entscheidungen treffen und die alle mehr oder weniger unberechenbar sind. Obwohl viel in das Buch hineingepackt wird, bleibt genug Ruhe und Zeit, um die Geschichte sich entwickeln zu lassen. Man ist jederzeit darüber orientiert, was sich warum gerade abspielt, auch wenn einen die vielen Überraschungen und Wendungen immer wieder in eine neue Richtung lenken.

Es geht um Liebe und Tod, Gier, Betrug, Ehre und Moral, Freundschaft und Hass, Wohlstand für alle oder Gerechtigkeit für wenige - ein Südstaatendrama vom Feinsten, dessen ruhigere Passagen ich genauso liebte wie die mit schnellen Wendungen und die mit tiefen Gefühlen. Die Brillanz dieses Buches hat mich begeistert!