Achtung, Premiumkinder!

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emmmbeee Avatar

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Bereits vor der Geburt planen manche Eltern für ihren künftigen Nachwuchs die optimale Biografie. Vom ersten Tag an behüten sie es vor dem kleinsten Ungemach – und das am liebsten ihr ganzes Leben lang. Dass sie damit in beinah sträflicher Weise ihr Kind um all die notwendigen Lernvorgänge, Widerstandskräfte und Entwicklungen bringen, will ihnen nicht eingehen. Zu gern spielen sie Gott, möchten in jeder Hinsicht Einfluss nehmen, möchten sich unentbehrlich machen. Eigentlich tun sie nichts anderes, als für den eigenen Lebensabend vorzusorgen, denn dann wird der unselbständige Burli noch immer an ihrer Seite sein.
Dabei scheinen sie sich nicht mehr an die eigene Kindheit und Jugend zu erinnern, erst recht nicht an das damalige Streben nach Selbständigkeit. Die geschilderten Fallbeispiele stellen eine einzige Tour de Blamage für die Sprösslinge dar. Gut meinen ist halt doch etwas ganz anderes als gut machen.
Helikopter-, Schneepflug- und Curlingeltern ziehen weichliche Schlaffis heran, keineswegs für den Lebenskampf gerüstet, eigentlich das genaue Gegenteil dessen, was die Aufgabe von Pädagogen ist. Tiereltern könnten als Beispiel gute Dienste leisten: sie sind liebevoll, fürsorglich, aber stets darum besorgt, dass ihr Junges kein Nesthocker bleiben muss, sondern lebenstüchtig wird.

Selbst Mutter und Grossmutter, viele Jahre lang als Lehrerin tätig und immer noch zu Pädagogen in Kontakt stehend, kann ich bezeugen, dass es bereits vor 50 Jahren solch überbesorgte Eltern gab, dass es aber viel schlimmer geworden ist. Das grösste Problem im täglichen Schulalltag sind nicht die Kinder, auch nicht der anspruchsvolle Lehrstoff oder das Schulamt.

Das Buch schwächelt zwischendurch, es gibt zu viel Analoges bei den Fallbeispielen. Ich habe begonnen, ganze Absätze zu überspringen und nur mehr bei den Textpassagen in anderer Schrift haltzumachen.
Beim abendlichen Lesen im Lampenschein habe ich einen weiteren Nachteil entdeckt: Die Schrift ist beim grössten Textanteil recht blass, vielleicht um das Fettgedruckte mehr hervorzuheben, aber das Lesen wird mühsam.

Zum Abschluss sei den Helikoptereltern ein Gedichtteil von Erich Kästner ins Stammbuch geschrieben:
«Seien wir ehrlich:
Leben ist immer
lebensgefährlich.»