Mit der Kraft der Familie & Scarlett O'Hara

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amara5 Avatar

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"Verschieben wir es auf morgen", eine sehr persönliche Autobiografie von Miriam Maertens, ist im ullstein Verlag erschienen und rund 270 Seiten stark.
In drei Akten gewährt die leidenschaftliche Theaterschauspielerin Maertens erstmals Einblick in ihr Leben mit der lebensbedrohlichen Erbkrankheit Mukoviszidose, die die Lunge Stück für Stück zerstört. Allen medizinischen Unkenrufen zum Trotz lebt sie dank des starken Rückhalts ihrer Eltern, Brüder, Freundinnen und Lebensgefährten ein sehr ausgefülltes und positives (Doppel-)leben als erfolgreiche Schauspielerin und nur die engsten Vertrauten wissen um ihre Krankheit und ihre täglichen Therapien.
So schildert Maertens im "Ersten Akt" des Buches ausführlich ihre lebhafte Kindheit und stellt alle Familienmitglieder der Schauspielerfamilie Maertens vor. Dank deren bedingungsloser Liebe und unbändigen Kraft und einem immensen starken Willen lebte Miriam schon als Kind und auch fortan ein Leben, das es aus medizinischer Sicht eigentlich gar nicht geben konnte und weitab von der Liegekur aus Thomas Manns "Zauberg" liegt - auch wenn sie täglich einen strikten Therapieplan für ihre Lunge einzuhalten hat.
Im "Zweiten Akt" häufen sich die Krankenhausaufenthalte, aber sie lernt ein auf Mukoviszidose spezialisiertes Ärztepaar kennen, das sie sehr lange intensiv begleiten und behandeln wird. Ebenso lange begleiten wird sie ein Ausruf von der mutigen Scarlett O'Hara: "Ich kann jetzt nicht darüber nachdenken, ich will jetzt nicht darüber nachdenken, verschieben wir es auf morgen!" Das Motto dieser starken Frau ruft sie sich in schlechten Zeiten bei Krankheitsschüben immer wieder vor Augen. Die Liebe und Leidenschaft zum Theaterspielen ist ihre zweite persönliche Medizin - und sie schafft es, trotz einer kaputten Lunge diese anstrengende Arbeit erfolgreich zu meistern - und vielen ihre Krankheit vorzuenthalten.
Mit ihrem eisernen Willen mit dem Kopf den Körper in Schach zu halten, schafft sie es sogar, einen gesunden Jungen auf die Welt zu bringen - ein kleines medizinisches Wunder!
Trotzdem verlässt sie im "Zweiten Akt" nach und nach die Lungenkraft - Ärzte raten ihr schon lange zu einer Transplantation, doch für Maertens ist dieser Gedanke bis zuletzt mit soviel Todesangst verbunden, dass sie sich strikt wehrt - bis es nicht mehr anders geht. Und auch die Transplantation schafft sie mit Kraft und Disziplin - wie der Leser im "Dritten Akt" erfährt.

Es ist mutig und richtig, dass Maertens mit ihrer Krankheit an die Öffentlichkeit geht und mit ihrem Lebensweg anderen Menschen mit einer chronischen schweren Krankheit erheblichen Mut macht! Die Biografie ist leicht zu lesen, die Autorin "schreibt locker wie sie spricht" und gewährt tiefe Einblicke in ihre physischen und psychischen Auf und Abs. Sie macht klar, wie deutlich Geist und Körper zusammenhängen, wie sich mentale Rückschläge wie Trennungen auf ihre Krankheitsschübe ausüben und welche immense Kraft ihr der Rückhalt ihrer Familie gegeben hat - und wie sie sich ihren ärgsten Ängsten gestellt hat und Rückschläge bewältigt.
Maertens hat ihr Doppelleben aufgegeben und Vieles gewonnen! Und die Leser eine sehr persönliche Autobiografie, in der Maertens schildert, sich nicht von der Krankheit unterzukriegen lassen, umso normal wie möglich zu leben.
"Fast alles liegt in meiner Hand, mein Wille hat einen enormen Einfluss auf mein Leben."