Bestsellerlistentitel mit Langeweilegarantie

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„Verwesung“ ist nach „Die Chemie des Todes“, „Kalte Asche“ und „Leichenblässe“ der vierte Teil der Serie um den forensischen Anthropologen Dr. David Hunter des britischen Krimiautors Simon Beckett. Doch richtet sich meiner Meinung nach dieses Buch sicherlich nicht nur an eingefleischte Hunter-Fans, auch Beckett-Neulingen sollte der Einstieg in die Hunter-Reihe mit diesem Buch gut gelingen. Die ersten drei Geschichten um Hunter kenne ich in der Hörbuchfassung, den aktuellen Roman habe ich dank vorablesen.de als Druckwerk vorliegen. Nach diesen vier Werken von Beckett komme ich zu dem Fazit, dass Beckett ein Autor ist, an dem sich die Geister scheiden. Mit seinen Werken stürmt er seit Jahren die Bestsellerlisten und dennoch kann auch „Verwesung“ mich nicht überzeugen, mich nicht in den absoluten Beckett-Hype vieler Leserinnen und Leser ziehen, mein Verhältnis zu ihm wird zwiegespalten bleiben.

Das Geschehen in „Verwesung“ ist auf zwei Zeitebenen angelegt. Zunächst wird der Leser Zeuge, wie vor acht Jahren im Dartmoor eine Frauenleiche entdeckt wird. Sie wird als eines der Opfer von Jerome Monk, einem bekannten Serienkiller, identifiziert und damit beginnt die Suche nach seinen weiteren, bisher nicht aufgefundenen Opfern. Wenig später erfolgt ein Zeitsprung in die Gegenwart, Jerome Monk ist aus dem Gefängnis ausgebrochen und sinnt auf Rache…

Konnten mich die Vorgänger wenigstens noch durch die detaillierten Beschreibungen der forensischen Arbeit des Anthropologen Dr. David Hunter in gewisser Hinsicht reizen, so tritt dieser Aspekt in „Verwesung“ fast gänzlich in den Hintergrund. Ein Highlight für Fans der Reihe ist sicherlich der Abstecher in Hunters Privatleben, acht Jahre zurück in die Vergangenheit, der das traurige Schicksal um seine Frau und Tochter erklärt. Für Neueinsteiger sollte dieser Ausflug in die Vergangenheit jedoch aber auch keine Verständnisprobleme mit sich bringen.

Aber für meinen Geschmack war es das leider auch schon. Die Leseprobe mutete äußerst spannend an, um dann im Roman selbst schnell in sehr seichtes Fahrwasser zu geraten. Thrillermäßige Spannung habe ich vergeblich gesucht, die Geschichte plätschert vor sich hin, um in einem für meinen Geschmack total überzogenen, unglaubwürdigen Showdown zu enden. Ganz davon zu schweigen, dass selbst ein ungeübter Krimileser spätestens ab der Hälfte des Buches die Geschichte durchschaut hat und den Mörder kennt. Überraschende Wendungen sucht man als Leser leider vergebens.

Sowohl Elly Griffiths (Totenpfad) und Johan Theorin (Blutstein) konnten mich in den vergangenen Monaten mit ihren „Mord-im-Moor-Geschichten“ überzeugen. Bei diesen beiden Romanen hat mich die Beschreibung der Moorlandschaft, die geheimnisvolle, teils düstere Atmosphäre dieser Naturform sehr beeindruckt. Vor meinen Augen entstand ein Bild der Schauplätze, das fast 1:1 den im Nachhinein aufgrund großer Neugier recherchierten Fotografien entsprach. Mit Becketts Natur- und Landschaftsbeschreibungen tue ich mich dagegen schwer. Für meinen Geschmack werden bestimmte Wendungen zwar oft wiederholt, aber ein plastisches Bild entsteht somit noch lange nicht vor meinen Augen, geschweige denn eine entsprechende atmosphärische Gestaltung der Szene. Gleiches gilt für die für meinen Geschmack stereotype, klischeebehaftete Zeichnung der Charaktere – einfach nur langweilig. Wenn Hannes Hintermeier in seiner Besprechung des Buches in der FAZ vom 04. März von einer vollen „Schlammpackung Langeweile“ spricht, hat er leider Recht.

Dabei sind Becketts Sprache und Stil einfach und klar strukturiert, so dass seine Bücher rasch zu lesen sind. Sicherlich beherrscht Beckett auch das Handwerk, einen soliden Krimi zu schreiben, aber mehr für meinen Geschmack leider nicht. Seine Landschaftsbeschreibungen langweilen mich aufgrund einfallsloser Wiederholungen, die Handlung selber nimmt eine stereotype Entwicklung ohne Überraschungen einschließlich des unvermeidbaren Liebesaspektes und das Ende ist in Relation zum vorausgegangenen Geschehen maßlos überzogen und in dieser Dimension überflüssig.

Trotz aller Kritik muss ich aber sagen, dass mir bei dieser Buchreihe die stringente Covergestaltung durch den Verlag sehr gut gefällt und leider bei Serien heutzutage keine Selbstverständlichkeit ist. Bei allen bisherigen vier Bänden der Hunter-Serie überzeugen die Umschläge durch einheitliche und schlichte, aber dennoch wirkungsvolle Gestaltung.

Fazit: Für Hunter-Fans ist auch dieser neue Band der Reihe sicherlich empfehlenswert. Wer jedoch einen spannenden, anspruchsvolleren Krimi sucht, sollte nicht unbedingt zu diesem Werk greifen.