Langatmige Familiengeschichte

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monika85 Avatar

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Der Debütroman "Via Torino" von Aja Leuthner, beworben als "Eine große deutsch-italienische Familiengeschichte" weckte sofort mein Interesse. Ich mag Italien, und interessante und gut geschriebene Familiengeschichten mag ich auch. Aber ich wurde leider enttäuscht.
 
Die Autorin beschreibt auf wechselnden Zeitebenen die Geschichten dreier Frauen in Italien und Süddeutschland. Es handelt sich dabei zunächst um Eleonora, Tochter einer wohlhabenden Familie, die 1969 gegen den Willen ihrer Eltern ihr Jurastudium abbricht, um mit einem Studienkollegen nach Turin zu ziehen. Dort schließt sie sich den Streiks der Arbeiter gegen die damaligen schlechten Arbeitsbedingungen der Automobilindustrie an. Sie verliebt sich unsterblich in den jungen, mittellosen Sizilianer Valerio.
 
Bei der zweiten Protagonistin handelt es sich um Rosalia, Eleonoras Tochter, die sich unmittelbar nach ihrem Abitur in den neunziger Jahren in einen Italiener verliebt und schwanger wird. Sie erlebt eine bittere Enttäuschung und schwört sich, nie wieder italienischen Boden zu betreten. Als Naturwissenschaftlerin macht sie Karriere und zieht ihre Tochter Milena mit Hilfe ihrer Eltern allein groß.
 
Milena, Rosalias Tochter, möchte wissen, wer ihr leiblicher Vater ist. Rosalia weigert sich jedoch standhaft, den Namen des Mannes preiszugeben, und Milena macht sich daher ohne Wissen der Mutter auf die Suche nach ihrem Vater.
 
Der umfangreichste Teil des Romans ist Eleonora gewidmet. Hier nimmt die viel zu ausführliche Schilderung der Arbeiteraufstände in Turin den größten Raum ein. Es ist mir sehr schwergefallen, in die einzelnen Geschichten der Frauen einzutauchen, die Personen sind mir fremd geblieben und haben mich emotional nicht berührt.
Gut gefallen hat mir dagegen die Schilderung der damaligen italienischen Verhältnisse und die Beschreibung von Rosalias schwieriger Kindheit als Halbitalienerin in Deutschland. 
 
Der Schreibstil der Autorin ist gut zu lesen. Alles in allem ist mir der Roman zu überfrachtet: viel, viel Arbeiteraufstand, etwas sizilianische Mafia, dagegen eher oberflächlich beschriebene einzelne Lebensabschnitte der drei Protagonistinnen. Die Zusammenführung auf den letzten Seiten fand ich ziemlich kitschig und unglaubwürdig.