Unterhaltsame Familiengeschichte

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larania Avatar

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„Eine große deutsch-italienische Familiengeschichte“ – so wird „Via Torino“ vom Verlag beschrieben, was dem Inhalt des Romans schonmal eine grobe Richtung verleiht. Wir lernen drei Frauen zu unterschiedlichen Zeitpunkten ihres Lebens kennen – Eleonora, ihre Tochter Rosalia und deren Tochter Milena. Insgesamt umspannt die Handlung also drei Generationen, und das nicht immer geradlinig bzw. in chronologischer Reihenfolge. Dadurch gewinnt der Roman einerseits an Spannung und Abwechslung. Man erlebt immer wieder eine andere Perspektive und lernt die Charaktere nicht nur durch die Augen eines neutralen Erzählers kennen, sondern begleitet sie durch verschiedene Lebensabschnitte.

Allerdings wird die vordergründige Handlung immer wieder durch eingebettete Zeitsprünge durchbrochen, die mir teilweise sehr langatmig vorkamen. Manche der Rückblenden enthalten interessante Informationen (zum Beispiel lernt man so etwas über Eleonoras Kindheit), vieles war in meinen Augen aber auch eher irrelevant und unnötig in die Länge gezogen. Doch das ist Geschmackssache – manch einem gefällt es bestimmt, die Hintergründe der Figuren aufzudecken und mehr über die Familienverstrickungen zu erfahren.

Eingebettet ist die Handlung in den historischen Kontext der italienischen Arbeiteraufstände und Proteste gegen die schlechten Arbeitsbedingungen in den Fiat-Produktionsstätten. Dies wirkt gut recherchiert und bringt Spannung in den Roman, wenngleich auch hier manches eher trocken geschildert wird.

Insgesamt ist „Via Torino“ ein unterhaltsamer Roman mit starken Charakteren in einer den meisten doch nicht so bekannten historischen Rahmung. Ob die Familiengeschichte aber tatsächlich so groß (im Sinne von „großartig“) ist, wie angekündigt, darüber lässt sich streiten.

Empfehlen würde das Buch jedem, der gerne Familiengeschichten liest und sich auch von etwas längeren, trockenen Passagen über die Vergangenheit der Figuren oder anderes nicht abschrecken lässt. Wer beim Lesen auch gerne ein bisschen mitdenkt, wird bestimmt schnell in die Geschichte hineinfinden und die zu verschiedenen Zeiten spielenden Handlungsstränge zu einem großen Ganzen verbinden.