4 Tage, die man schnell vergisst

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marielle Avatar

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Nach dem Lesen von "4 Tage in Kabul" habe ich mich irgendwie an meinen letzten McDonalds Besuch erinnert. Man steht vor der Theke und sieht die schön gestalteten und ansprechend beworbenen Köstlichkeiten, die dann aber eher wenig mit dem Inhalt der Pappschachtel zu tun haben. Gut, es ist okay für zwischendurch und man ist halbwegs zufrieden damit. Aber eigentlich hatte man doch etwas mehr erwartet bzw. wurde einem mehr versprochen.
Das Cover, das sich auch für einen Film sehr gut geeignet hätte und der Klappentext, der eine spannende Geschichte vermuten ließ, waren leider besser als das Buch selbst.
Dies lag vor allem an den teilweise unlogischen Handlungen einiger Personen, die in der beschriebenen Situation nicht nachvollziehbar waren oder der Tatsache das die Identität des Hauptverantwortlichen für Morde und Entführung schon sehr früh jeder vermuten und erraten konnte.
Auch fand ich die Schilderungen aus Afghanistan und das Vorgehen von Anna Lund sehr viel besser und interessanter als das Ermitteln und Taktieren ihres Vorgesetzten mit Politikern in Schweden.
Ein Kommissar, der anfangs eine entscheidende Rolle spielt, fliegt nach einem Drittel des Buches einfach aus der Handlung und die Drogendealer bzw. Handlanger sind oberflächlich und klischeehaft beschrieben.
Da bekommt die Story auch keinen Tiefgang, wenn man die Alkoholprobleme von Bills Frau und seine Ehesorgen oder die Schwangerschaft von Anna und ihr kompliziertes Verhältnis zum Kindsvater einbaut. Beides hätte es nicht unbedingt gebraucht. Lieber hätte man den Plot oder die Charaktere noch origineller ausarbeiten können.
Wirklich gelungen hingegen, ist die Figur des mysteriösen "Norrländers". Ich bin gespannt, ob dieser in der Fortsetzung "5 Nächte im Kosovo" oder den folgenden Romanen wieder auftaucht. Auch kann ich nicht beurteilen wie realistisch die Gegebenheiten und Geschehnisse in Afghanistan sind. Anna Tell hat sicher einige Erfahrung, dennoch handelt es sich hier um einen fiktiven Roman und kein Sachbuch. So habe ich keine Einblicke in das Leben und die Zustände erhalten die nicht schon gewissen Vorurteilen entsprechen. Meinen Blickwinkel auf Land und Leute konnte das Buch jedenfalls nicht erweitern.