Gelungene Präsentation eines Aussteigerlebens!

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Der Delius Klasing Verlag bringt häufig sehr schön aufgemachte Reise- und/oder Aussteigerbücher heraus und ich habe etwas übrig für Aussteiger.

„Salzverkrustet“ und „Vom Kiez zum Kap“ hatte ich bereits probiert und besonders das zweite gefiel mir schon recht gut, aber dennoch. Beiden Bänden fehlte etwas Wesentliches: Nämlich jemanden, der gut schreiben kann sowie die Orthographie beherrscht. Was nützt das beste Abenteuer, wenn es nicht gut lesbar präsentiert wird? So bin ich an die ersten beiden Bücher mit hohen, aber aus Erfahrung belehrt, mit deutlich herabgeschraubteren Erwartungen an „Vier Zimmer, Küche, Boot“ herangegangen. Und wurde aufs angenehmste überrascht!

Uta Eisenhardt erzählt unübertrieben, flüssig und lebendig von der ersten Idee, das gutbürgerliche Wohn- und Häusleleben aufs Wasser zu verfrachten, bis zum vollendeten Traum, dem fertigen Hausboot. Das heißt, das „fertige“ Hausboot gibt es genau so wenig wie das fertige Haus. Handwerklich versiert sollte man sein für ein derartiges Projekt oder reich. Am besten beides, aber ersteres reicht aus. Und auch eine gute Portion Gelassenheit, Improvisationstalent in Massen sowie die Bereitschaft, zunächst einmal viele Unbequemlichkeiten auf sich zu nehmen, sind unbedingte Voraussetzungen für romantische Hausbootabenteuer, die über einen Urlaub darauf hinausgehen. Unendliche Geduld und viel Optimismus sind ebenfalls gefragte Eigenschaften eines zukünftigen Hausbootbesitzers.

Am Schwierigsten ist der Anfang. Behörden, Behörden, Behörden, Formulare, Formulare, Formulare ... einen Liegeplatz zu finden, ist eine aufreibende Angelegenheit und man wünscht sich eventuell kurzfristig das korrupte Behördendasein anderer Länder herbei, wo ein Scheinchen hier und ein Scheinchen dort, Wunder wirken. In Deutschland ist purer scheinloser Wunderglaube, Sitzfleisch, Beharrlichkeit und Spaß am Paragraphendschungel notwendig. Man sollte auch jung genug sein, um die jahrelange Hinhaltetaktik der Behörden aussitzen zu können, ohne nachher schon am Stock zu gehen, wenn das Projekt endlich bewilligt wird! Gottes Mühlen mahlen langsam und die der Behörden langsamer.

Ist das Boot endlich da und man bewerkelt es bis zur Heimeligkeit und hat einen, zumindest vorläufigen Liegeplatz, geht auch nicht alles wie von selbst. Dennoch, die Freude scheint durch jede Linie des Buches, die Freude am Planen, Werden, Machen, an der Kreativität und der Natur. Natur gibt es ganz viel auf Hausboot. Bis hin zur Fäkalie, denn die gehört nun einmal dazu.

Uta Eisenhardt läßt nichts aus, Umbau, Aufbau, Behörden, Energiefragen, Sommer, Winter, Romantik auf dem Wasser, Gefahren, Gäste, liebsame und unliebsame, Familienleben bis hin zum praktischen Tipp. Alles wird mit leichter Feder geschildert. Wer „Vier Zimmer, Küche, Boot“ zur Hand nimmt, wird mit einem gelungenen Bericht belohnt. Allerdings muss man sich wirklich für die Materie interessieren, es ist halt schon ein spezieller Erzählstoff.

Einprägsame Bilder runden das Leseerlebnis ab: perfekt.

Fazit: Mit hats super gefallen und ich wünsche der Familie weiterhin Optimismus und Lebensfreude.

Kategorie: Sachbuch
Verlag: Delius Klasing, 2016