Spannende Unterhaltung!

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Seit seiner Kindheit ist Kit ein Fan von Sonnenfinsternissen. Immer wenn ein solches Naturschauspiel ansteht, reist er an die Orte, an denen die Sonne komplett verdunkelt wird. 1999 fährt er zusammen mit seiner Freundin Laura nach Cornwall. Die beiden sind frisch verliebt und auf einem Festival wollen sie ihre erste gemeinsame totale Sonnenfinsternis erleben. Doch der Traum wird zum Alptraum als Laura Zeugin einer brutalen Vergewaltigung wird. Auch wenn das Mädchen nichts sagt, ist sich Laura dessen sicher, was sie gesehen hat. Doch der junge Mann bestreitet alles.

Als der Fall vor Gericht verhandelt wird, erlebt Laura, wie schwer es Opfern gemacht wird, den Geschworenen als glaubwürdig zu erscheinen. Alles deutet darauf hin, dass der junge Jamie, der aus gutem und reichem Hause stammt, ungeschoren davon kommt. Für Laura unerträglich.

Nach der Verhandlung wird Beth Taylor zunehmend Teil ihres Lebens. Laura weiß nicht, was sie davon halten soll und Kit ist vorsichtig und zurückhaltend. Bis sich eines Tages alles ändert und Laura und Kit untertauchen müssen.
Unter neuem Namen und isoliert wartet das Paar im Jahr 2015 auf die totale Sonnenfinsternis auf den Faröer Inseln. Plötzlich taucht Beth wieder auf und Laura und Kit müssen sich endgültig der Wahrheit stellen, denn noch immer steht eine Lüge zwischen ihnen.

„Vier.Zwei.Eins“ beginnt mit einer Szene in einem Gericht, zwei Frauen, die auf die Verhandlung warten. Mit den fünf Phasen einer totalen Sonnenfinsternis wird das Buch in fünf Teile gegliedert, die unaufhaltsam einem Höhepunkt entgegenstreben, wobei mich dieser dann komplett überraschen konnte.

Erzählt wird nicht nur in den beiden Zeitebenen der Vergangenheit und Gegenwart, sondern auch in Ich-Perspektive durch Laura und Kit, wobei zunächst Lauras Anteil überwiegt. Sie ist diejenige, die direkte Zeugin wurde, während Kit ein paar Minuten später kam. Sie ist diejenige, die sich durch Beth bedroht fühlt. Sie ist diejenige, die 2015 mit Zwillingen schwanger ist und spürt, dass die Vergangenheit sie einholen wird.

Beide Protagonisten sind gut gezeichnet und man bekommt ein gutes Gespür für die unterschiedlichen, sich ergänzenden Charaktere und die Besonderheit ihrer Liebesbeziehung. Auch Nebenfiguren wie Kits Zwillingsbruder Mac, der dem Vater folgend ein starkes Suchtproblem hat, oder Lauras beste Freundin Ling sind lebendig beschrieben und ergänzen die wenigen handelnden Figuren zu einem ganzen Gefüge.

Mich konnte „Vier.Zwei.Eins“ von der ersten Seite an fesseln, die letzten hundert Seiten war die Spannung kaum zu ertragen. Die Thematik der Vergewaltigung hat mich anfangs erschreckt, ist aber auszuhalten, da nicht aus Beths Perspektive erzählt wird. Fast schwerer zu ertragen ist dann die Gerichtsverhandlung und das perfide Vorgehen der Verteidigung, die versucht, das Opfer zu demontieren. Interessant fand ich auch die Leidenschaft für Sonnenfinsternisse. Erin Kelly geht an dieser Stelle nicht zu sehr in die Tiefe, es gelingt ihr aber auf jeden Fall, die Faszination, die von dem Naturschauspiel ausgeht, nachvollziehbar zu machen.

Mir hat „Vier. Zwei. Eins“ sehr gut gefallen und ich kann den Thriller für Leser*innen empfehlen, vorausgesetzt, dass sie nicht Gefahr laufen, durch das Thema getriggert werden.

© Tintenhain