Die dritte Generation

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sapere_aude Avatar

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Wie geht man damit um, wenn die Großeltern den Holocaust knapp überlebten und die Eltern ihre jüdischen Wurzeln zu vergraben versuchen? Sollte man selbst nach diesen Wurzeln suchen, sie vielleicht sogar wieder Blätter treiben lassen?
Diese Fragen sind der Ausgangspunkt für Judith Fantos autobiografischen Roman "Viktor". Geschildert wird sowohl die Perspektive einer jungen Frau, Judith, die in den 1990er Jahren in Nimwegen herauszufinden versucht, was das Judentum und das Schicksal ihrer Familie im Holocaust für ihre eigene Identität bedeutet. Der zweite Erzählstrang folgt ihrem Großonkel Viktor, der lange als schwarzes Schaf der großbürgerlichen Wiener Familie galt, weil er als Freigeist weder ein Universitätsstudium abschloss, noch eine reguläre Beschäftigung aufnahm. Letztlich sind es jedoch sein Lebensmut und seine Chuzpe, die einem Teil der Familie die Flucht vor den Nationalsozialisten ermöglichen.
"Viktor" ist bei aller Ernsthaftigkeit und Reflexion ein lesenswertes und gut lesbares Buch. Die Gräuel des Nationalsozialismus bleiben einem (zu Recht) nicht erspart. Und gerade die Identitätsfragen, die im Erzählstrang um Judith aufgeworfen werden, machen das Buch im Festjahr zu 1700 Jahren jüdischen Lebens in Deutschland zu einer empfehlenswerten Lektüre.