Die Geschichte der Familie Rosenbaum

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buecherfan.wit Avatar

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Der Roman „Viktor“ von Judith Fanto erzählt eine Familiengeschichte über sechs Generationen im steten Wechsel auf zwei Zeitebenen. Die junge Holländerin Geertje, die Ich-Erzählerin in diesem Roman, bereitet sich in den 90er Jahren auf Schulabschluss und Jurastudium vor und will endlich mehr über ihre jüdische Familie wissen. Da gibt es eine Menge Geheimnisse und viele Tabuwörter wie Transport, Lager, Gas usw. Sie beginnt ihre Revolte mit einer Namensänderung und wird zu Judith. Bei ihren Nachforschungen stößt sie auf ein Archiv auf dem Dachboden der Großeltern und findet wichtige Dokumente. Die zweite Zeitebene beginnt mit dem 1. Weltkrieg und reicht bis 1939. Es ist im Wesentlichen die Generation der Großeltern Felix und Trude, ihrer Geschwister, aber es geht auch um ihre Eltern und Großeltern. Im Mittelpunkt steht die Person von Geertjes Großonkel, dem Bruder von Felix. Viktor war eine schillernde Persönlichkeit, ein Frauenheld, der häufig dubiosen Geschäften nachging und sich öfter in Schwierigkeiten brachte. Er war aber auch ein guter Mensch, der alles opferte und zumindest einige seiner Angehörigen rettete. Ihnen gelang die Flucht nach Holland. Die junge Judith wird mit der Scham und den Schuldgefühlen der Überlebenden konfrontiert, mit der Frage, wem die Schoah gehört und vor allem, wie man generell mit der jüdischen Vergangenheit umgehen kann und sollte. Judiths Großeltern sind vor der Flucht zum Katholizismus konvertiert und es steht in dieser Familie nie zur Debatte, jüdische Traditionen offen zu leben.
Ich habe diesen Roman mit großem Interesse gelesen und noch viel Neues dabei gelernt, vor allem über die Geschichte Österreichs vor dem Anschluss an das Reich und den vorher schon allgegenwärtigen Antisemitismus. Das Ende ist sehr traurig, und die von der Biografie der Autorin inspirierte Geschichte hat lange nachgewirkt. Sehr empfehlenswert.