Gute Mischung

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katercarlo Avatar

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Das Buch war unterhaltsamer als ich erwartet hatte. Ich hatte es mir ernst, faktisch und historisch vorgestellt. Und das war es auch. Aber eben nicht nur.
Das Buch erzählt das Leben einer jüdischen Familie, die einst in Wien lebte und dann nach Belgien und schließlich in die Niederlande floh. Dort lebt Geertje heute als nicht-jüdische Jüdin, wie sie sich selbst beschreibt. Sie hadert mit ihrer Identität. Ihre Familie hat gelernt, dass es gefährlich ist sich zum jüdischen Glauben zu bekennen, hat Familienmitglieder verloren und führt nun ein Versteckspiel. Geertje versteht das, aber sie versteht es auch nicht. Sie sucht ihre jüdischen Wurzeln. Parallel zu ihrer Geschichte, wird die ihres Großonkels Viktor erzählt. Er war ein Draufgänger und Charmeur und damit das schwarze Schaf der Familie, damals als diese noch in Wien lebte. Was ist mit ihm geschehen?
Der Vergleich zwischen Geertje und Viktor ist spannend. Nicht nur auf Grund ihrer unterschiedlichen Persönlichkeiten, sondern vor allem, weil sie ganz deutlich das vorher und nachher zeigen. Viktors Passagen erklären warum Geertje nun so mit ihrer jüdischen Identität ringt, während Geertjes Kapitel Viktors Leben in einem neuen Licht zeigen.
Mir hat sehr gut gefallen wie viel Mühe sich die Autorin gemacht hat ihre Protagonisten, das Judentum und den Umgang der Protagonisten mit dem Judentum zu schildern. Es ist nicht so sehr eine typische Zweite-Weltkriegsgeschichte, wie ich befürchtet hatte. Auch der historische Charakter tritt durch den starken Fokus auf die Einzelschicksale etwas in den Hintergrund. Trotzdem vermittelt das Buch Fakten und behandelt das Thema mit dem nötigen Ernst.
Dass es dabei unterhaltsam bleibt, ist den unkonventionellen Protagonisten ebenso wie dem gewitzten Erzählstil zu verdanken. Damit hat das Buch mich positiv überrascht und meine anfänglichen Zweifel ausgeräumt. Es hält die Waage zwischen guter Unterhaltung und ernster Thematik.