Guter Start, schwaches Ende

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joodie Avatar

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Die Leseprobe zu Isabel Allendes neuestem Roman "Violeta" hat mich echt begeistert. Ich war angetan von der eingängigen Sprache, die sich so angenehm leicht liest, ohne schlicht zu sein. Und von den Beschreibungen der Kindheit Violetas, angefangen mit ihrer Geburt während der Spanischen Grippe.
Über die ersten 300 Seiten hat mir das Buch auch gut gefallen. Violetas Kindheit, erst im herrschaftlichen Familiensitz in der Hauptstadt, dann in der "Verbannung" auf dem Land, ihre Familie, später Ehemänner und Liebhaber, eigene Kinder, Freundschaften und Verluste. Besonders eindrücklich fand ich die Schilderung der Terrorherrschaft zur Zeit der Militärdiktatur.
Schade fand ich jedoch, dass das Buch so geschrieben ist, als würde es sich um ein fiktives Land handelnd. Nie wird Chile explizit genannt, wichtige Orte lassen sich auf der Karte nicht finden, die berühmte Siedlung "Colonia Dignidad" heißt im Buch "Colonia Esperanza" und obwohl der von der Militärdiktatur gestürzte Präsident Salvador Allende der Onkel der Autorin war, wird er nicht namentlich erwähnt.
Auf den letzten 100 Seiten lässt die Geschichte dann auch deutlich nach und es wird richtig zäh. Wirklich Handlung gibt es nicht mehr, eher werden die letzten vierzig Lebensjahre der Protagonistin nacherzählt und zusammengefasst. Die letzten Seiten, in denen Violeta mit dem Tod ringt, waren auch für mich ein echter Kampf.
Auch hat mich etwas geärgert, dass im Klappentext "zwei schreckliche Pandemien" als prägende Ereignisse in Violetas Leben genannt werden und man denkt, es würde auch um diese Pandemien gehen, was ja aktuell ganz interessant wäre und Leser lockt. Die Corona-Pandemie wird letztendlich aber nur kurz auf den letzten drei Seiten erwähnt und auch der Spanischen Grippe werden nicht mehr als ein, zwei Seiten gewidmet, da habe ich mich etwas betrogen gefühlt.
Insgesamt war das Buch schon eine ganz nette Lektüre, ich werde es aber nicht weiterempfehlen.