Lesegenuss vom Feinsten!

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juanita Avatar

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Am Ende ihres langen und bewegten Lebens angekommen, schreibt die 100-jährige Violeta ihre Geschichte nieder. Sie soll ein Zeugnis und eine Gedächtnisstütze für den geliebten Enkel Camilo werden. Mit schonungsloser Offenheit und beeindruckender Direktheit berichtet Violeta über Personen, die in ihrem Leben eine wichtige Rolle spielten und über prägende Begebenheiten aus ihrer Vergangenheit vor dem Hintergrund dramatischer Ereignisse in ihrer südamerikanischen Heimat.

Ich bin seit Jahren ein großer Fan von Isabel Allende und ihrem außergewöhnlichem Erzähltalent. Mit Romanen wie „Das Geisterhaus“ oder „Porträt in Sepia“ hat sie mich begeistert und in ihren Bann geschlagen. Ich war also voller Vorfreude und sehr neugierig, als ich vor kurzem ein Exemplar ihres neuesten Romans in die Hand nahm und zu lesen anfing. Mein Eindruck nach der Lektüre? Ich mache es kurz: Isabel Allende ist und bleibt für mich eine Zauberin! „Violeta“ hat mich bereits mit dem ersten Satz in eine andere Welt eintauchen lassen und bescherte mir wunderbare Lesestunden. Die Geschichte ließ mich zuweilen meine Umgebung vergessen, ich konnte mich sehr gut in die Protagonistin hineinversetzen, freute mich und litt mit ihr. Allende ist es wieder mal gelungen, mit Violeta eine ganz besondere Heldin zu erschaffen, eine starke Persönlichkeit, die voll Leidenschaft ist und schon früh in der von Männern dominierten Gesellschaft für ihre Ziele kämpft. Selbst nach schlimmen Verlusten schafft sie es, sich neu zu orientieren und neuen Mut zu schöpfen. Wohltuend empfand ich ihren Umgang mit dem Älterwerden, der, wie ich stark vermute, die persönliche Haltung der Autorin widerspiegeln könnte. Violetas Beispiel gibt mir die Hoffnung, dass man in jeder, auch in der späten Phase seines Lebens glücklich und aktiv sein und durchaus noch eine erfüllende Aufgabe übernehmen kann.

Sehr spannend fand ich Schilderungen von historischen Vorkommnissen, die im Laufe des 20. und in den beiden Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts nicht nur das Leben der Titelheldin, sondern Schicksale unzähliger Menschen prägten. Die Autorin spannt einen Bogen von dem Ausbruch der spanischen Grippe bis hin zu unserer Gegenwart mit den verblüffend ähnlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie. Dazwischen berichtet sie – immer aus der Sicht von Violeta - von den dramatischen Folgen der Weltwirtschaftskrise, dem langen, harten Kampf für die Rechte der Frauen und immer wieder von Krisen und Umbrüchen auf dem südamerikanischen Kontinent. Ich habe diese besondere Form des Geschichtsunterrichts sehr genossen. Mit 80 Jahren einen so großartigen Roman zu schreiben, von solcher Intensität und mit Figuren, die authentisch, voller Leben sind und im Gedächtnis bleiben, ist eine Glanzleistung und ein Beweis, dass Allende zu Recht zu den hellsten Sternen am literarischen Firmament gehört. Möge er noch lange leuchten – hoffe sehr, dass „Violeta“ noch weitere tolle Werke folgen werden.

Fazit: Ein grandioser, fesselnder, lebensbejahender Roman mit einer beeindruckenden Heldin – von mir eine klare Leseempfehlung!