Öffnet Augen und Herz für die kleinen Federbälle

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wortknaeuel Avatar

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Mit Corona fing es an: in meiner neuen Homeoffice-Situation, glücklicherweise gerade erst aufs Land gezogen und mit Blick in den Garten, ertappte ich mich immer häufiger dabei, beim Anblick kleiner lustiger Federbälle vor meinem Fenster in Verzücken zu geraten. Um diesen Zustand häufiger herzustellen, wurden alsbald Futterhäuschen, Badestellen und Nistkästen in strategisch günstigem Sichtwinkel zu meinem Telearbeitsplatz installiert und das Benzingeld, das ich durch Homeoffice sparte, wurde in ein hochwertiges Nuss- und Körnersortiment investiert. Als Stadtkind wusste ich bis dahin nicht viel mehr über diese niedlichen Federbälle, als dass man sie Vögel nennt. Immerhin konnte ich Amseln von Spatzen unterscheiden. Doch als es Frühling wurde und die Federbälle begannen, aufeinander herumzuspringen, machte ich eine merkwürdige Beobachtung: Es gab eine auffallend hohe Anzahl schwuler Spatzen in unserem Dorf. Ich weiß ja, dass Homosexualität im Tierreich durchaus vorkommt, aber diese Häufung der Fälle fand ich doch suspekt. Eine Internetrecherche brachte schnell Klärung: Es gibt verschiedene Arten von Spatzen (die übrigens eigentlich Sperlinge heißen) und – tadaa! – anders als bei den Haussperlingen sehen bei den Feldsperlingen Männchen und Weibchen gleich aus. OK, Rätsel gelöst. Doch mir wurde bewusst, wie wenig ich über Vögel weiß und dass es noch viel mehr Fragen zu klären gab. So zogen alsbald ein gutes Fernglas und diverse Vogelbücher bei mir ein.

Ich kann euch sagen: Es gibt wahnsinnig viele Bücher über Vögel, viele davon schön gestaltet und informativ, manche mehr Faktenbasiert, andere eher eine Essaysammlung – für jeden was dabei. Doch wenn ich nur ein Buch zu diesem Thema empfehlen dürfte, dann „Vogel entdeckt – Herz verloren“ von Antonia Coenen und Philipp Juranek. Es geht hier zwar „nur“ um 14 Vogelarten, doch diese werden mit so viel Herzblut, Empathie und auch Humor präsentiert, dass es einfach eine große Freude ist, dieses Buch zu lesen. Zudem ist es wirklich außergewöhnlich schön gestaltet, mit ausgewogenem Bild-Text-Anteil und natürlich höchst professionellen Fotos. Nicht anders zu erwarten, denn die Autoren sind eigentlich Naturdokumentarfilmer, verstehen also etwas von Bildästhetik, Spannungsbögen und wie man gute Geschichten erzählt.

Ihre Freundschaft und gemeinsame Liebe zu den Vögeln brachte sie im Corona-Lockdown 2020 dazu, gemeinsam einen Podcast zu starten, dessen Titel bereits alles über ihren Sinn für Humor sagt, aber anders als man vielleicht befürchtet, geht es in „Gut zu Vögeln“ wirklich nur um Vögel. Ich liebe die Autoren besonders dafür, in ihrem Podcast einheimische Vögel zu besprechen, die Stockenten, Stadttauben und Spatzen, die jeder meint zu kennen und vielleicht langweilig oder gar lästig findet. Antonia und Philipp schaffen es, Augen und Herzen für sie zu öffnen, machen aber auch auf Probleme durch vogelfeindliche Stadt- und Grünplanung, Architektur und Jagd aufmerksam. Ihr jüngst erschienenes Buch ist eine gelungene Fortsetzung ihres Podcasts ins gedruckte Medium. Zudem verknüpfen sie auch hier die bunte Welt der Vögel mit der Pop- und Musikwelt. Sehr persönlich, sehr unterhaltsam – große Empfehlung!