Was ist eine "starke Frau"?

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anne_kaffeekanne Avatar

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Sallie Kincaid ist die Tochter des Dukes, eines der mächtigsten Männer in Virgina. Nach dem Tod ihrer Mutter und einem Zerwürfnis mit der neuen Frau des Dukes wird Sallie verstoßen. 10 Jahre später, nachdem seine neue Frau gestorben ist und der Duke sich anschickt wieder zu heiraten, kehrt Sallie ins Haus ihres Vaters zurück. Sie weigert sich zu heiraten und sich in die traditionelle Frauenrolle zu fügen, stattdessen steigt sie in die Geschäfte des Dukes ein.

Die Bewertung fällt mir ziemlich schwer. Die Handlung entwickelt sich nach einem gemütlichen Anfang rasant. Es gibt eine große Anzahl von Todesfällen und Tragödien und so ziemlich jede Ehe ist unglücklich. Die Prohibition und die mit Alkoholschmuggel verbundenen Bandenkriege verschärfen die Situation noch.
Auf der Strecke blieb die Personenentwicklung. Gerade die Nebenfiguren bleiben sehr vage beschrieben und auch das mafiöse System des Duke wird nicht ausreichend durchleuchtet. Sallie versucht ein guter Mensch zu sein und den Armen zu helfen, ist aber qua Geburt Teil eines mafiösen Systems. Ich hätte es wahnsinnig spannend gefunden hier, außerhalb der schwierigen nahezu rechtslosen Stellung der Frauen in der Ehe, mehr zu erfahren. Gerade das Auflösen des unreflektieren Hochlebens von "starken Frauen" fände ich spannend. Heißt es "eine starke Frau zu sein" sich wie ein Mann zu verhalten und heißt das, dass alle Frauen an sich erst einmal schwach sind? Ist ein weiblicher Mafiaboss besser als ein männlicher? Kann Sallie nur eine starke Frau sein, so lange sie nicht verheiratet ist und bedeutet eine Ehe (zu dieser Zeit?) automatisch die Unterwerfung unter den Mann? Diese (und andere) Fragen werden für meinen Geschmack zu oberflächlich behandelt und das Potential der eigentlich spannenden Geschichte nicht komplett ausgeschöpft.
3,5 Sterne von mir.