Großer Schmerz und leise Komik

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rockchickdeluxe Avatar

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Von hier aus weiter
Susann Pásztor

Selten fand ich einen Titel passender für ein Buch wie diesen. Das Unsagbare ist geschehen, und jetzt geht es darum, wie es von hier aus weitergeht. Marlenes Rolf ist tot, hat sich umgebracht, bevor der Hirntumor ihm diese Entscheidung abnehmen konnte. Sie ist noch da, unfreiwillig.

„Ich habe mein Leben nie besonders gemocht, und die Vorstellung allein alt zu sein, erst recht nicht.“

Rolf hat sie um ihren Bilanzsuizid gebracht, hat sie betrogen, den Plan des gemeinsamen Todes zunichte gemacht. Aus dieser Wut entsteht die Sprache des Romans. Mal sarkastisch, mal wie versteinert, manchmal ironisch und dann wieder sanft und nachsichtig und unfreiwillig komisch.

Sie schottet sich gegenüber Rolfs Familie ab, deren Mitglieder ihr auch nach 30 Jahren Ehe immer noch fremd sind. Marlene lässt keinen an sich heran, auch alte Freunde nicht. Und dann taucht Jack auf, ehemaliger Schüler und nun spontaner Mitbewohner, der jeden Abend kocht und beginnt, Fragen zu stellen. Subtil verschieben diese Fragen die Situation, auch wenn Marlene das, verschanzt hinter ihrer Wut, nicht zugibt.

Und dann beginnt eine Reise mit ungewissem Ende, die die eingefahrenen Muster und Glaubenssätze durcheinander bringt. Vielleicht ist es möglich, sich auch in der größten Leere neu zu erfinden und vielleicht ist es gar nicht notwendig, diese widersprüchlichen Gefühle, die Trauer und Verlust mit sich bringen, zu entwirren.

Natürlich kann der Roman nicht einfach so mit der neuen Freundschaft von Jack, dem neuen Mitbewohner, und Marlene zuende gehen. Die Nachricht aus Wien trifft ein, dass Rolf dort bei der gemeinsamen Freundin Wally eine Nachricht für Marlene hinterlassen hat. Und so steht die Reise symbolisch für den Neubeginn, den Aufbruch und eine leise Zuversicht.

Das ist sicher nicht realistisch, aber das ist in diesem Fall auch gar nicht notwendig, denn vor allem geht es hier um ein Gefühl. Es ist eine Vision und eine große Metapher, dass Menschen auch in den schlimmsten Zeiten neue Perspektiven und Hoffnung finden können und Hilfe dort lauert, wo wir sie am Wenigsten erwarten.

Und wenn das alles in einer so großartigen sprachlichen Gestalt daherkommt, dann wird die Last der Welt ganz plötzlich ein wenig leichter. Niemand versteht das in diesem Moment besser als ich.