Gemischte Gefühle
Etwas irritierend beginnt der Roman mit einem offensichtlich frustrierten Ich-Erzähler auf dem Dach eines Hochhauses (stürzt er sich gleich hinunter?) und es wird eine Verbindung zum Ukraine-Krieg hergestellt, weshalb ich das Geschehen jetzt zeitlich einordnen kann (Dezember 2021) - aber: brauch ich das? Nein. Überflüssig: weil ich dadurch zu Beginn ein Buch über "unmittelbare Vorkriegszeit in der Ukraine" befürchte - was es zum Glück aber nicht geworden ist.
Was ich bekommen habe ist eine durchaus gelungene Geschichte (mit Schwächen) über einen frustrierten Wiener Filmwissenschaftler, der auch mit 40 immer noch auf eine Uni-Laufbahn hofft, gerade arbeitslos wird - und durch Zufall (Handy-Fotos der ukrainischen Pflegerin seiner Großmutter) entdeckt, dass in Czernowitz Rollen mit verschollenen Filmen aus der Frühgeschichte des österreichischen Films aufgetaucht sind. Da er nichts anderes zu tun hat (weder beruflich noch privat) fährt er direkt nach Weihnachten mit der Pflegerin im Bus nach Czernowitz, in der Hoffnung, dort die Filmrollen bergen und mit nach Wien nehmen zu können - um dann darauf seine wissenschaftliche Karriere aufbauen zu können.
Parallel dazu erzählt Kucher die Geschichte zum "Film im Buch": wie Louise Kolm 1907 langsam ihren Mann Anton überzeugen kann, im Fotoatelier mit Filmen zu beginnen. Der Start ist holprig, Louise muss neben zahlreichen technischen Herausforderungen vor allem Vorurteile der Männer überwinden - und so entsteht durch ihr Drehbuch und ihren Schnitt der erste österreichische "Spielfilm".
Während mir der historische Teil gut gefallen hat (für mich authentische Figuren, eine glaubwürdige Geschichte und viele für mich interessante Informationen) hadere ich mit dem Ich-Erzähler in der Ukraine: ich bin selbst auf der Suche nach Literaten 1993 und 1997 in der Bukowina, in Galizien und deshalb auch in Czernowitz gewesen (mit dem Bus) und habe nur hilfsbereite Menschen getroffen. Bei Kucher liest es sich so, als ob alle Männer entweder Junkies, oder Kriminelle oder gewaltbereite Testosteronbomben seien. Ein Ich-Erzähler, der (warum eigentlich? Es wird nicht geklärt!) zwar auf Hochhausdächer klettern kann, aber ohnmächtig wird vor Angst, wenn er in einen Keller muss, der entweder aus beruflichem Frust schlechte Laune hat oder sich aus Langeweile einen runterholt ... ist für mich nun mal keine Identifikationsfigur. Dass er dann karrieretechnisch auch noch an der Frauenquote scheitert (zumindest behauptet er das - vielleicht ist seine Leistung auch einfach zu miserabel) und sich abfällig darüber äußert, trägt nicht gerade zur Sympathiebildung bei - vor allem wenn ich auf der anderen Seite positiv sehe, wie, sich Louise Kolm in der männerdominierten Welt durchsetzt. Da verstehe ich dann auch leider die Absichten des Autors nicht mehr.
Was ich bekommen habe ist eine durchaus gelungene Geschichte (mit Schwächen) über einen frustrierten Wiener Filmwissenschaftler, der auch mit 40 immer noch auf eine Uni-Laufbahn hofft, gerade arbeitslos wird - und durch Zufall (Handy-Fotos der ukrainischen Pflegerin seiner Großmutter) entdeckt, dass in Czernowitz Rollen mit verschollenen Filmen aus der Frühgeschichte des österreichischen Films aufgetaucht sind. Da er nichts anderes zu tun hat (weder beruflich noch privat) fährt er direkt nach Weihnachten mit der Pflegerin im Bus nach Czernowitz, in der Hoffnung, dort die Filmrollen bergen und mit nach Wien nehmen zu können - um dann darauf seine wissenschaftliche Karriere aufbauen zu können.
Parallel dazu erzählt Kucher die Geschichte zum "Film im Buch": wie Louise Kolm 1907 langsam ihren Mann Anton überzeugen kann, im Fotoatelier mit Filmen zu beginnen. Der Start ist holprig, Louise muss neben zahlreichen technischen Herausforderungen vor allem Vorurteile der Männer überwinden - und so entsteht durch ihr Drehbuch und ihren Schnitt der erste österreichische "Spielfilm".
Während mir der historische Teil gut gefallen hat (für mich authentische Figuren, eine glaubwürdige Geschichte und viele für mich interessante Informationen) hadere ich mit dem Ich-Erzähler in der Ukraine: ich bin selbst auf der Suche nach Literaten 1993 und 1997 in der Bukowina, in Galizien und deshalb auch in Czernowitz gewesen (mit dem Bus) und habe nur hilfsbereite Menschen getroffen. Bei Kucher liest es sich so, als ob alle Männer entweder Junkies, oder Kriminelle oder gewaltbereite Testosteronbomben seien. Ein Ich-Erzähler, der (warum eigentlich? Es wird nicht geklärt!) zwar auf Hochhausdächer klettern kann, aber ohnmächtig wird vor Angst, wenn er in einen Keller muss, der entweder aus beruflichem Frust schlechte Laune hat oder sich aus Langeweile einen runterholt ... ist für mich nun mal keine Identifikationsfigur. Dass er dann karrieretechnisch auch noch an der Frauenquote scheitert (zumindest behauptet er das - vielleicht ist seine Leistung auch einfach zu miserabel) und sich abfällig darüber äußert, trägt nicht gerade zur Sympathiebildung bei - vor allem wenn ich auf der anderen Seite positiv sehe, wie, sich Louise Kolm in der männerdominierten Welt durchsetzt. Da verstehe ich dann auch leider die Absichten des Autors nicht mehr.