Intensives Buch, sorgfältig geschrieben

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yellowdog Avatar

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Von dem österreichischen Schriftsteller Jürgen Thomas Ernst hatte mich schon sein Roman Anima sehr beeindruckt. Vor hundert Jahren und einem Sommer geht in eine ganz ähnliche Richtung, wobei es mir noch perfekter ausgestaltet erscheint. Ort und Zeit sind zunächst nicht genau bestimmbar, anfangs ist es wohl noch das 19.Jahrhundert.

Dieses Buch hat übrigens meinen positiven, erwartungsvollen Leseeinruck voll und ganz bestätigt, weswegen ich manche Sätze des Leseindrucks auch in dieser Rezension wiederholen, zur nochmaligen Bestätigung!
Jürgen-Thomas Ernst ist ganz stark bei den Beschreibungen der Natur und Landschaft. Dazu passt ja auch das geschmackvolle weiße Cover mit den Bäumen, Ästen und Blüten. Diese Naturbeobachtungen dringen zum Leser durch. Zu den Figuren hält er den Leser zunächst ein wenig auf Distanz. Das würde in einem reinen Unterhaltungsroman nicht funktionieren, aber diese Autor hat einen fundierten literarischen Ansatz. Mit seiner Methode erreicht er, das die entscheidenden Momente zwischen den Figuren, z.B. zwischen Annemie und ihrer Mutter oder ihren Zieheltern, bewegend sind.
Mit Abstand halten kann man also auch Emotionen zeigen. Man lernt die Figuren langsam besser kennen, sie wirken deshalb komplexer und realistischer als in herkömmlichen Romanen.

Annemie ist eine sensible Protagonistin, die in der Lage ist, Stimmungen deutlich wahrzunehmen und zu empfangen. Das gilt auch für Jonathan und das verbindet die beiden. Phantasievolle Menschen, die ungewöhnliches wagen, aber auch einiges ertragen müssen.
Besonders packend ist das letzte Romanviertel, dass die Härten der Kriegszeit zeigt.

Der Stil passt zur, Handlung siehe z.B. folgenden Satz aus Kapitel 9:
„Das Leben im Dorf der Kirschen floss dahin wie ein ruhiger Strom, ohne großen Lärm, manchmal mit besonderen Tagen, die behutsam über die Wochen und Monate verteil waren.“

Ich halte den Autor für einen Vertreter der leisen, aber eindringlichen Literatur, die ich für wichtig halte. Seine Sprache ist reichhaltig und poetisch!