Vor hundert Jahren

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julimond Avatar

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Auch wenn dieses Buch schon vor seiner Drucklegung offenbar mehrfach prämiert wurde, kann ich nicht mehr als zwei Sterne vergeben. Trotz sprachlicher Kunst und poetischer Anmutung konnte mich das Buch nicht erreichen, seine Protagonisten blieben für mich unnahbar und gesichtslos.
Das Leben von Annemie, der Hauptfigur des Romans, ist glücklos und beschwerlich. Als uneheliches Kind wird sie von ihrer Mutter zu Pflegeeltern in das Dorf der Kirschen gebracht. Dort wächst sie zusammen mit Jonathan auf. Die Pflegeeltern sind liebevoll, kümmern sich um die Kinder und doch verlässt zunächst Jonathan und dann auch Annemie das Haus der Zieheltern. Annemie lebt einige Zeit im Armenhaus, danach findet sie eine Anstellung bei einem wohlhabenden Experimenteur. Schon wieder meint man, dass es das Schicksal gut mit Annemie meint, da wird ihr im Haus des Experimenteurs Gewalt angetan. Die Folge ist eine Schwangerschaft und sie wird schließlich des Hauses verwiesen. Erneut muss sie versuchen sich und später ihr Kind am Leben zu erhalten. Wo sie auch Arbeit findet, alles endet schließlich doch unglücklich und auch ihr Kind stirbt. Annemie trifft Jonathan wieder, sie werden ein Paar und kehren in die Heimat zurück. Der Wunsch eines reichen Fabrikanten schon im März reife Kirschen zu bekommen, wird für die beiden zu einer Geschäftsidee. Man könnte schon wieder meinen, dass nun endlich alles gut wird. Doch der Krieg bricht aus und Jonathan wird eingezogen und Annemie wird zur Mörderin: der Experimenteur wird von ihr gefoltert und schließlich getötet. Am Ende kehrt Jonathan zu Annemie und der gemeinsamen Tochter in das Haus mit den beiden Kirschbäumen zurück.
Man könnte meinen diese Geschichte sei spannend und berührend, wie im Klappentext angekündigt. Doch weder die Spannung noch das Berührende will sich mir beim Lesen zeigen. Annemies Geschichte ist zwar voller Überraschungen und Wendungen, doch diese fügen sich für mich nicht zu einem Großen, Ganzen zusammen. Vielmehr wird Annemies durchaus berührende Lebens- und Leidensweg durch endlose Landschaftsbeschreibungen und ausführliche Schilderungen von Nebenschauplätzen immer wieder unterbrochen. Besonders schade finde ich, dass die Figuren der Geschichte so blass und nichtssagend bleiben, und das trotz des harten Schicksals, das sie erleiden.
Für mich war dieses Buch nichts, trotz schöner Sprache und eigentlich anrührender Geschichte. Ich musste mich zwingen es zu Ende zu lesen. Tut mir leid!