Vor hundert Jahren

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Wenn ich das Buch mit einem Wort beschreiben müsste, wäre dies "märchenhaft". Der Autor nimmt den Leser mit auf eine Reise in ein zeitlich und räumlich weit entferntes Dorf, dem Dorf, in dem die Kirschen wachsen. Dort erzählt er das Leben des kleinen Mädchens Annemie. Da ihre Mutter sich nicht der Schande stellen möchte, als Mutter eines Kindes ohne Vater in dem naheliegenden Tal verachtet zu werden, bringt sie Annemie in das Dorf der Kirschen zu Zieheltern und gibt sie offiziell als ihre Nichte aus. Dort wächst sie behütet mit ihren Zieheltern und dem "Ziehbruder" Jonathan auf bis auch sie eines Tages die Eltern verlässt, um auf eigenen Beinen zu stehen.

Annemie hat kein leichtes Leben. Sie kämpft ums Überleben als alleinstehendes junges Mädchen, macht ihre Erfahrungen und lernt aus ihnen. Sie lässt sich auch von schweren Schicksalsschlägen nicht unterkriegen und kämpft weiter, so dass aus ihr eine selbstständige Frau wird, die sich behaupten kann. Und schließlich findet sie auch ihre Liebe in jemandem, den sie nach langer Zeit in ihrem Heimatdorf wiederbegegnet. Doch auch dieses Glück bleibt nicht bestehen, denn schon lauert der Krieg, der Tod und Zerstörung bringt und auch das Dorf der Kirschen nicht verschont.

Das Besondere an diesem Buch ist der einzigartige Schreibstil. Er erinnert an Bücher aus alten Zeiten. Blumig, mit vielen Bildern, die der Autor vor den Augen des Lesers erscheinen lässt, einfach schön. Schon alleine, dass das Dorf keinen Namen hat, sondern nur das "Dorf der Kirschen" genannt wird, erinnert an die Märchen der Kindheit. Man begleitet Annemie durch ihr Leben, lacht mit ihr und weint mit ihr. Und wie es auch in den Märchen ist, passieren nicht nur schöne Dinge, sondern auch grausame, doch egal wie groß die Verzweiflung sein mag, so hofft man doch immer darauf, dass am Ende noch alles gut wird.

Dieses Buch ist einzigartig und ich würde es jedem empfehlen, der in die Vergangenheit eintauchen möchte, in ein abgelegenes Dorf in den Bergen und Annemie durch ihr Leben begleiten möchte. Hier gibt es keine großen Spannungsbögen, aber dafür eine Geschichte, die einen noch gefangen nimmt, wenn man das Buch schon längst zugeklappt hat.