Aktuell wie nie

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Direkt hinter Lucinda Riley ist Katharina Fuchs meine zweite Lieblingsautorin (hier schreibt ein Mann!). Ich habe alle ihre Bücher, beginnend mit "Zwei Handvoll Leben". Bereits dieses Buch arbeitet Geschichte auf, deutsche Geschichte, vor allem das dunkle Kapitel der braunen Zeit. Es gab danach mehrere Bücher, die mehr dem unterhaltenden Genre zuzuordnen sind, z. B. "Lebenssekunden". Mit "Der Traum vom Leben" hat sie sich der wahren Geschichte eines Models in den 90ern zugewandt, sehr faszinierend zu lesen.

Im vorliegenden Buch "Vor hundert Sommern" geht es zurück zur eigenen Familiengeschichte. Es werden zwei Geschichten erzählt: zum einen Lena,die sich ausgegrenzt fühlt und die eigene Familiengeschichte nicht kennt. Daneben eben die Hauptgeschichte, die vor einhundert Jahren beginnt, also Weimarer Republik, und ins Dritte Reich übergeht, nämlich eine totgeschwiegene jüdische Verwandtschaft, "Versippung" nannten das die braunen Horden. Diese Geschichte wird von Lenas Großmutter Elisabeth nur bröckchenweise im Lauf des Buches erzählt.

Es werden am Beispiel Lena heutige Probleme - Social Media, Hate, Ausgrenzung - gegenübergestellt den Ereignissen, die im "Tausendjährigen Reich" stattgefunden haben. Zu diesen hieß es zu meiner Schulzeit "das ist in Deutschland damals geschehen, und darf niemals wieder geschehen". Angesichts verschiedener beklagenswerter Ereignisse in deutschen Landen in den letzten Jahren scheint das nicht mehr so sicher zu sein. Böse Ereignisse der Vergangenheit drohen wieder stattzufinden.

Dieses Buch ist (glücklicherweise!) keine Dystopie. Es weist klar auf drohende Tendenzen hin und warnt. Das Buch ist, wie alles von Katharina Fuchs, mit größter Sorgfalt recherchiert und in einer absolut tadellose Sprache verfasst. Es ist ein sehr gutes und leider notwendiges Buch, aber keine Schmuselektüre für die Hängematte. Die Darstellung der Ereignisse im Dritten Reich kann nur bedrückend ausfallen.

Ganz klare Empfehlung, wie für alle Bücher von Katharina Fuchs!