Wiederholung nach 100 Jahren
Inhalt siehe Klappentext.
Ich habe von Katharina Fuchs bereits „Das Flüstern des Lebens“ gelesen und „Der Traum vom Leben“ gehört. Ihr Schreibstil gefällt mir gut und auch das aktuelle Buch lässt sich meist flüssig lesen. „Vor Hundert Sommern“ spielt im aktuellen Zeitstrang von Lena, Mutter Anja und Großmutter Elisabeth im Jahr 2024 in Berlin und Hamburg. Anja ist zu der Zeit 57 Jahre alt, Elisabeth geht auf die 95 zu und Enkelin Lena hat gerade die 20er-Marke erreicht. Anja lebt den Spagat zwischen Familie, mit erwachsenen Töchtern, die ihre Mutter dennoch brauchen, dazu Mann und Mutter, von denen die Mutter sie gerade mehr braucht, und natürlich ihrem Beruf, und sie selbst bleibt dabei selbst ziemlich auf der Strecke - was aber keiner merkt (oder merken will, weil es so bequem für alle ist). Der zweite Zeitstrang spielt 1924 bis in die 1930er Jahre in Berlin. Hier sind Elisabeths Tante Clara und deren Familie Hauptthema. Leider erkennt man, mit Abstand von 100 Jahren, wirtschaftliche und politische Parallelen zu heute, aber man darf die Augen nicht verschließen, dass sich damaliges wiederholt.
Ich habe beim Lesen versucht, mich in die 3 Hauptakteurinnen hineinzuversetzen. Lena ist noch sehr jung, hat durch das frühere Mobbing, auf das nicht weiter eingegangen wird, ihr aber ziemlich an Selbstvertrauen geraubt, schon einige unschöne Zeiten erlebt und ist einfach sensibel, zurückhaltend, introvertiert. Man kann es ihr nicht verübeln, man sollte sie und ihre Gefühle ernst nehmen und respektieren. Mit Anja konnte ich mich am meisten identifizieren, ich kenne den Drahtseilakt zwischen Familie, Eltern und Beruf - keiner möchte zu kurz kommen, aber sie versucht leider, jedem alles recht zu machen, bevor sie endlich mal an sich denkt und endlich einen Cut macht. Diesen Schritt mit Ende 50 zu wagen, nicht nur morgens zum Eisbaden ins kalte Wasser zu springen, sondern auch auf beruflicher Ebene - mutig! Elisabeth hat ein langes Leben mit vielen Geheimnissen hinter sich, in dem viel passiert ist, aber auch viel totgeschwiegen wurde, das finde ich sehr traurig. Die Familiengeschichte ist meist angenehm zu lesen, manchmal ein wenig überladen und ausschweifend. Man hat den Eindruck, Elisabeth erzählt nicht Claras Geschichte, sondern ihre eigene, so ausführlich, wie sie nun endlich mit Details rausrückt. Dabei war sie doch damals noch nicht geboren bzw. später ein Kind … Mir gefällt der Mix aus Vergangenheit, obwohl genau diese natürlich einen bitteren Nachgeschmack hat, nicht nur für die damaligen Betroffenen, sondern auch für deren Nachkommen, wie sich nun herausstellt, und Gegenwart, wo sich nun leider einiges wiederholt. Anjas Mann und ältere Tochter spielen eher Nebenrollen, sind aber auch von Bedeutung für die Familie. Das Stöbern in der aufzulösenden Wohnung, in der Vergangenheit und die Parallelen zur Gegenwart zu erkennen, war abwechslungs- und aufschlussreich, man kann es sich als Nichtbetroffener gar nicht vorstellen, was damals geschah. Eine Familiengeschichte, die Geschichte lebendig werden lässt und dabei nachdenklich macht. Von mir bekommt „Vor hundert Sommern“ eine Leseempfehlung mit 4-4,5 Sternen.
Ich habe von Katharina Fuchs bereits „Das Flüstern des Lebens“ gelesen und „Der Traum vom Leben“ gehört. Ihr Schreibstil gefällt mir gut und auch das aktuelle Buch lässt sich meist flüssig lesen. „Vor Hundert Sommern“ spielt im aktuellen Zeitstrang von Lena, Mutter Anja und Großmutter Elisabeth im Jahr 2024 in Berlin und Hamburg. Anja ist zu der Zeit 57 Jahre alt, Elisabeth geht auf die 95 zu und Enkelin Lena hat gerade die 20er-Marke erreicht. Anja lebt den Spagat zwischen Familie, mit erwachsenen Töchtern, die ihre Mutter dennoch brauchen, dazu Mann und Mutter, von denen die Mutter sie gerade mehr braucht, und natürlich ihrem Beruf, und sie selbst bleibt dabei selbst ziemlich auf der Strecke - was aber keiner merkt (oder merken will, weil es so bequem für alle ist). Der zweite Zeitstrang spielt 1924 bis in die 1930er Jahre in Berlin. Hier sind Elisabeths Tante Clara und deren Familie Hauptthema. Leider erkennt man, mit Abstand von 100 Jahren, wirtschaftliche und politische Parallelen zu heute, aber man darf die Augen nicht verschließen, dass sich damaliges wiederholt.
Ich habe beim Lesen versucht, mich in die 3 Hauptakteurinnen hineinzuversetzen. Lena ist noch sehr jung, hat durch das frühere Mobbing, auf das nicht weiter eingegangen wird, ihr aber ziemlich an Selbstvertrauen geraubt, schon einige unschöne Zeiten erlebt und ist einfach sensibel, zurückhaltend, introvertiert. Man kann es ihr nicht verübeln, man sollte sie und ihre Gefühle ernst nehmen und respektieren. Mit Anja konnte ich mich am meisten identifizieren, ich kenne den Drahtseilakt zwischen Familie, Eltern und Beruf - keiner möchte zu kurz kommen, aber sie versucht leider, jedem alles recht zu machen, bevor sie endlich mal an sich denkt und endlich einen Cut macht. Diesen Schritt mit Ende 50 zu wagen, nicht nur morgens zum Eisbaden ins kalte Wasser zu springen, sondern auch auf beruflicher Ebene - mutig! Elisabeth hat ein langes Leben mit vielen Geheimnissen hinter sich, in dem viel passiert ist, aber auch viel totgeschwiegen wurde, das finde ich sehr traurig. Die Familiengeschichte ist meist angenehm zu lesen, manchmal ein wenig überladen und ausschweifend. Man hat den Eindruck, Elisabeth erzählt nicht Claras Geschichte, sondern ihre eigene, so ausführlich, wie sie nun endlich mit Details rausrückt. Dabei war sie doch damals noch nicht geboren bzw. später ein Kind … Mir gefällt der Mix aus Vergangenheit, obwohl genau diese natürlich einen bitteren Nachgeschmack hat, nicht nur für die damaligen Betroffenen, sondern auch für deren Nachkommen, wie sich nun herausstellt, und Gegenwart, wo sich nun leider einiges wiederholt. Anjas Mann und ältere Tochter spielen eher Nebenrollen, sind aber auch von Bedeutung für die Familie. Das Stöbern in der aufzulösenden Wohnung, in der Vergangenheit und die Parallelen zur Gegenwart zu erkennen, war abwechslungs- und aufschlussreich, man kann es sich als Nichtbetroffener gar nicht vorstellen, was damals geschah. Eine Familiengeschichte, die Geschichte lebendig werden lässt und dabei nachdenklich macht. Von mir bekommt „Vor hundert Sommern“ eine Leseempfehlung mit 4-4,5 Sternen.