Ein wunderbares Buch, das zum Nachdenken anregt

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Vor uns das Leben von Amy Harmon
erschienen bei Egmont Ink

Ambrose, der Star der Highschool, der Held einer ganzen Stadt. Er scheint alles zu haben – und doch kämpft er mit Problemen, die der Außenwelt verborgen bleiben. Bailey, der Junge im Rollstuhl. Er ist krank, weiß, dass er sterben wird. Und er lebt jeden Tag seines Lebens, als wäre es sein letzter. Fern, die schlau ist, aber nicht hübsch, und trotzdem in allem um sich herum das Schöne erkennt. Fern, Bailey und Ambrose. Drei Jugendliche in einer Kleinstadt in den USA, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Drei Jugendliche, die dachten, sie wüssten, was das Leben für sie bereithält. Und denen das Schicksal in die Quere kommt …. (Klappentext)

Das Cover dieses Buches wirkt unbeschwert und einfach sehr fröhlich. Auf den ersten Blick kann der Leser nicht erkennen, welche doch tragischen Schicksale sich hinter dem Cover verbergen. Es drückt einfach ein „Ja“ zum Leben aus – egal, wie dieses aussehen mag. Die Story besteht aus dem Prolog, 37 betitelten Kapiteln und dem Epilog.

Fern und Bailey sind fast unzertrennlich. Eine ganz besondere Beziehung verbindet die beiden miteinander. Doch es ist keine Liebe. Fern schwärmt für Ambrose, wie viele andere Mädchen auch. Doch für sie ist er unerreichbar. Sie ist eher unscheinbar und er der Star der Highschool, zudem auch mit einem tollen Aussehen gesegnet. Bailey hat sein Traummädchen auch gefunden, doch leider nur in seinen Träumen. Aufgrund seiner Behinderung traut er sich nicht, ihr seine Liebe zu gestehen. Dann kommt der 11. September, ein Tag, der die ganze Welt verändert und auch bei Fern, Bailey und Ambrose seine Spuren hinterlässt…

Als allererstes muss ich euch warnen! Lest dieses Buch bitte nicht, ohne ausreichend Taschentücher bereit zu legen! Das wäre glatt fahrlässig, denn dieses Buch hat es in sich. Es ist tiefgehend emotional und berührt den Leser dort, wo man es nicht vermutet. Dieses Buch lässt einen nachdenklich und dankbar zurück. Dankbar für das Leben, das man hat. Wir müssen wahrscheinlich mehr verstehen und begreifen können, dass es den meisten von uns gut geht und wir doch im Grunde alles haben, was man sich wünschen kann. Natürlich sind die persönlichen Krisen für einen selbst immer sehr schlimm, Welten brechen mitunter zusammen. Und doch müssten wir uns eigentlich öfter vor Augen halten, dass es anderen Menschen noch wesentlich schlechter geht.
Das Leben, das wir führen ist unheimlich zerbrechlich. Ein einziger Augenblick, ob bewusst oder auch unbewusst, kann das Leben komplett verändern. Dies wird in diesem Buch ganz deutlich gemacht.
Ich habe ganz bestimmte Dinge regelrecht erwartet, doch als es dann anders kam, war ich komplett in Tränen aufgelöst. Ich musste während des Lesens so einige Male kräftig schlucken, weil die Story nicht einfach lockerleicht ist, wie uns das Cover vorgaukelt. Doch gerade Bailey gibt einem Hoffnung. Sein Schicksal ist nicht leicht, aber er verliert nie den Mut, die Hoffnung oder seinen Humor. Er sieht nach vorne, obwohl er genau weiß, was ihn in nicht allzu ferner Zukunft erwarten wird. Ein wirklich starker und äußerst sympathischer Protagonist.
Ambrose hat alles, was er sich wünschen kann. Er ist ein Ass im Sport, er sieht klasse aus und ist sehr beliebt. Doch auch das reicht nicht. Ihm reicht es nicht. Er möchte noch was anderes in seinem Leben machen. Das tut er – mit weitreichenden Folgen. Ambrose ist trotzdem nicht der typische arrogante Schönling, nein, er ist ebenfalls sehr sympathisch und setzt sich für seine Freunde ein. Hat mir sehr gut gefallen, und ich habe wirklich mit ihm mit gelitten.
Fern ist ein reizendes Mädchen, das einfach etwas unscheinbar wirkt. Wenn sie mehr Selbstvertrauen hätte oder auch mehr aus ihrem Typ machen würde – wer weiß? Trotz ihrer Zweifel, was ihr Aussehen angeht, ist sie keine graue Maus. Sie kümmert sich liebevoll um ihren Cousin Bailey und nimmt das Leben so, wie es ist.
Das Buch beginnt im September 2001 und erstreckt sich über mehrere Jahre, was die Story rasant voranschreiten lässt. Es gibt aber auch viele kleine Rückblicke auf die Kindheit der Protagonisten in den Neunzigern, was mir sehr gut gefiel. So bekommt man eine vielfältige Sichtweise auf das Leben und die Veränderungen der Charaktere. Da kann man auch schon mal kleine Logikfehler übergehen, was das Alter der Protagonisten in den einzelnen Jahren betrifft. Es gibt in „Vor uns das Leben“ einen großen Teil Sport, was nun nicht wirklich mein Ding ist, aber nun einmal zur Story dazu gehört.
Der Prolog ist ja etwas eigenwillig und der Leser weiß am Anfang nicht viel damit anzufangen. Doch die Verbindung dazu wird im Laufe der Geschichte und auch noch zum Schluss ganz eindeutig hervorgebracht.

Amy Harmon hat mich mit ihrem Buch „Vor uns das Leben“ sehr zum Weinen gebracht. Das soll jetzt nicht negativ klingen, sondern ist vielmehr mit einer kleinen Meisterleistung der Autorin gleich zu stellen, da dies nicht jeder bei mir schafft. Sie hat ein wunderbares Buch über die verschiedensten Emotionen geschrieben, das mich tief berührt hat. Hier findet der Leser Wut, Hass, Trauer, Schmerz, Liebe, Alleinsein, Schuld, Hoffnung, Freundschaft und Selbstzweifel wieder. All diese Gefühle in eine Geschichte verpackt, die man nicht besser hätte schreiben können. Es ist nicht unbedingt ein Buch, das einen depressiv werden lässt, sondern einem stattdessen Hoffnung schenkt. Es geht um Ereignisse im Leben, die wir nicht steuern, die aber unser Leben komplett verändern können. Man kann heute schon nicht mehr der Mensch sein, der man noch gestern war. Gewisse Dinge lassen sich vielleicht nicht ändern, die Sichtweise aber schon. Man sollte versuchen, das beste aus seinem Leben zu machen, heraus zu holen, was geht, denn jeder ist für sich selbst verantwortlich. Ich denke, dass das die vorherrschende Botschaft von Amy Harmon an uns Leser ist und wir uns dies auch zu Herzen nehmen sollten. Das heißt ja nicht, dass es immer klappt, aber der Wille zählt doch schon, oder?
Selbstverständlich bekommt „Vor uns das Leben“ von mir die Bestwertung mit 5 schwarzen Katzen.

Amy Harmon wusste schon als Kind, dass sie einmal Schriftstellerin werden würde. Aufgewachsen umgeben von Weizenfeldern und ohne Fernseher hat sie ihre Freizeit mit Singen und Lesen verbracht und bald selbst eigene Lieder und Geschichten geschrieben. Später arbeitete sie als Lehrerin und war Mitglied des Saints Unified Gospel Chors, der 2005 einen Grammy erhielt.
www.authoramyharmon.com

384 Seiten
ISBN 978-3-86396-073-5
Preis: 14,99 Euro

© Cover und Zitatrechte liegen beim Verlag

An dieser Stelle möchte ich mich noch recht herzlich beim Verlag und bei Vorablesen für die Bereitstellung dieses wunderbaren Exemplars bedanken!