Die tiefste Form der Liebe

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svanvithe Avatar

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WAHR

ist, dass dies ein stilles Buch ist. Wer Spannung erwartet ob des angekündigten Geheimnisses wird enttäuscht sein.

WAHR

ist, dass Elsa sterben wird. Sie ist 70 Jahre alt, eine bekannte Psychologin, und es scheint, dass sie alles in ihrem Leben erreicht hat: beruflichen Erfolg und eine Familie. Da sind ihr Mann Martti, ein Maler, ihre Tochter Eleonoora, genannt Ella, eine Ärztin, und ihre Enkelinnen Anna und Maria. Eine heile Welt.

 

WAHR

ist, dass der Schein trügt. Für ihre Freiheit, als Psychologin Erfolg zu haben, hat Elsa bitter bezahlt. Denn ihr Mann verliebt sich in Eeva, die junge Frau, die Ella als Kind über drei Jahre lang betreute.

 

WAHR

ist aber auch, dass Elsa die Kraft zum Verzeihen hat und den Mut, die Vergangenheit zu offenbaren. Deshalb ist sie für mich die beeindruckendste Person dieses Romans.

 

            _„Mit einer Entschuldigung bittet man darum, so angenommen zu werden, wie man ist, egal was man getan hat. Und einem anderen zu verzeihen, ist die tiefste Form der Liebe, zu der ein Mensch fähig ist.“_

 

WAHR

ist, dass sich die junge Autorin mit sehr viel Reife und Respekt den Themen Liebe, Trauer, Leben und Verlust nähert.

 

            _„Das Leben, auch ein glückliches, ist in seinem Vollzug immer schlichter als in den Träumen. Aber es wiegt mehr.“_

 

WAHR

ist, dass die Liebe im Mittelpunkt des Geschehens steht. Liebe ist vielschichtig. Es gibt kein richtig oder falsch.

 

            _"Du kannst von mir nicht verlangen, gemäßigt zu lieben. Da könntest du auch gleich verlangen, dass ich mich in einen Stein verwandle.“_

 

WAHR

ist, dass keiner der Romanhelden „vorgeführt“ und verdammt wird, sondern die Empfindungen der einzelnen Personen nachvollziehbar dargestellt sind. Eine Wertung überlässt die Autorin dem Leser.

 

WAHR

ist, dass mir der Wechsel der verschiedenen Erzählzeiten gefallen hat. Eevas Gedanken und Empfindungen lesen wir wie in einem Tagebuch, und auch mit Anna befinden wir uns in der Gegenwart. Dadurch werden gleichfalls die Parallelen zwischen den beiden Frauen offenbart: Beide verlieben sich in verheiratete Männer mit kleinen Töchtern. Beide Männer entscheiden sich für ihre Familien. Beide jungen Frauen leiden sehr darunter.

 

WAHR

ist, dass ich von der feinfühligen Erzählweise und der zarten und wiederum ebenso intensiven Ausdruckskraft, den ruhigen und poetischen Momenten begeistert bin.

 

            _„Die Beziehungen zwischen Menschen sind wie dichte Wälder. Oder vielleicht sind die Menschen selbst Wälder, in denen sich immer neue Pfade eröffnen. Manche dieser Pfade bleiben nahezu geheim, zeigen sich nur zufällig einem anderen Menschen, der zur richtigen Zeit da sein muss.“_

 

„WAHR“

ist berührend. Kein Buch für einen Abend. Zwischendurch habe ich es aus der Hand gelegt und darüber nachgedacht.

 

WAHR

ist, dass ich sehr froh bin, diesen großartigen Roman gelesen zu haben und ich ihn uneingeschränkt empfehlen kann.