Traumatisierte Ermittlerin und bemühtes Grauen

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murphy12 Avatar

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Schade, dieser Thriller hat sein Potential nicht ausgeschöpft.
In dem kleinen Ort Eigerstal in den Schweizer Alpen wird ein junges Mädchen vermisst. Der Fall weist Parallelen zu einem 21 Jahre alten Fall auf, der bislang ungeklärt ist. Damals wurden 3 Mädchen entführt. 2 wurden ermordet aufgefunden- eines konnte entkommen. Dieses Mädchen ist nun eine Polizisten bei Interpol: Valeria Ravelli. Sie wird von ihrem Jugendfreund kontaktiert. Er ist der Onkel des entführten Mädchens und bittet sie, nach Hause zu kommen und zu ermitteln. Die Behörden vor Ort scheinen im Dunklen zu tappen. Ravelli will nicht in ihre Heimat zurückkehren- zumal sie sich nicht an die Entführung und ihre genaue Flucht erinnern kann, aber sie nimmt Urlaub und die Ermittlungen auf.
Der Thriller versucht das Setting im Herbst/Winter in den Bergen mit abgeschiedenen Dörfern, schlechtem Handyempfang und dunklen alten Wäldern für eine gruselige und mysteriöse Grundstimmung zu nutzen. Das gelingt ihm bei mir nicht wirklich, da ich mit der Hauptfigur nicht mitgefiebert habe. Als störend habe ich empfunden, dass Ravelli (und andere Personen) sich selber in Gedanken anspornen bzw. mit sich selbst gedanklich reden und dieses ausnahmslos in der 2. Person tun. “Du hast nicht damit gerechnet, dass er noch am Leben sein könnte.“ Dieses Stilmittel hat mich immer wieder irritiert und aus der Situation gerissen- gegen Ende des Buches hat es mich schon regelrecht genervt. Auch wurde von Ravelli kein klares Bild gezeichnet. Teilweise war sie schwer traumatisiert und dadurch bei den Ermittlungen gehemmt, teilweise völlig überheblich und allen anderen (Ermittlern) weit voraus, teilweise lässt sie sich komplett übertölpeln und macht regelrechte Anfängerfehler. Auch ihr Drang zum Retten, Schützen und Helfen war mir zu gering ausgeprägt, um sie sympathisch zu finden.
Insgesamt ist es aus meiner Sicht ein solide geschriebener Thriller, der einige Schwächen aufweist und somit insgesamt leider eher mittelmäßig ausfällt.