Eine grandiose Erinnerung an die Menschlichkeit, echt wahr!

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karla.eklund Avatar

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Eine Berliner Bärin ist aus ihrem Zwinger ausgebrochen. Und die 11-jährige Wanda? Die sagt sich: Wenn mir niemand ein Zuhause geben, wenn mich keine Familie haben will, dann mache ich mich eben selbst auf die Suche. Wonach genau sie da sucht und wo sie überhaupt anfangen soll, das weiß sie gar nicht so richtig. Aber sie begegnet dabei Menschen und diese Menschen helfen ihr, ein paar Dinge zu finden. Eine Mitfahrgelegenheit. Essen. Einen Raum, den sie in ihren ganz eigenen Farben gestalten kann. Und so allein, wie sie dachte, ist sie dann doch nicht auf dieser Welt. Obwohl sich ihre Sehnsucht von denen der anderen unterscheidet, werden sie doch alle in einer Sache vereint: Dass Hoffnung menschlich ist. Und dass es manchmal nicht reicht, sich etwas ganz fest zu wünschen. Manchmal müssen alle mit anpacken, damit ein Wunder, vielleicht nicht auf diese große, perfekte Art, sondern in kleinen, selbst gebauten Stückchen lebendig wird.
Annika Scheffel erzählt hier auf gewohnt berührende Weise in altersgerechter Sprache von Themen, die uns alle angehen. Ebendieser Spagat ist ihr grandios gelungen. Weil die kindliche Sichtweise an manchen Stellen so roh, so ungeschönt ist, dass ich die eine oder andere Träne verdrücken musste, und gleichzeitig hält Wanda mit ihrer hartnäckigen Zuversicht dagegen, dass doch alles gut werden muss. Weil das ja nicht sein kann, dass alles furchtbar bleibt. Wäre doch echt unfair, und überhaupt: Wer sagt denn, dass man darauf warten muss, dass sich etwas ändert? Wenn eine Bärin eines Nachts beschließen kann, dass es Zeit zum Loslaufen wird, dann können wir das doch vielleicht auch?
»Wanda« ist eine Geschichte übers Ausbrechen, aber eigentlich heimkommen Wollen. Über Freundschaft – und dass das auch ein bisschen Angst machen kann, sich auf jemanden zu verlassen. Darüber, wie individuell wir mit unseren Träumen und Sehnsüchten sind, aber zugleich eben genau darin sehr ähnlich. Egal, wo wir herkommen, wie alt wir sind, wen wir lieben, was wir suchen. Und dass eine Grenze wie ein Tor in eine andere Welt wirken kann, aber am Ende eben von Menschen errichtet wurde und ebenso von Menschen überwindbar ist. Denn wie Wandas Freundin Toni zu Beginn des Buches zitiert wird: »Ist ja exakt derselbe Himmel über uns, echt wahr.«
Von mir gibt’s eine klare Empfehlung für das Buch, ebenso wie für die anderen Werke der Autorin, die auf ganz besondere Weise zu vermitteln vermag, dass diese Sache mit der Menschlichkeit vielleicht doch gar nicht so schwer ist, wie wir Erwachsenen uns das manchmal einreden lassen. Genau dafür liebe ich Ausflüge in das Kinder- und Jungenbuch-Genre. Danke an Vorablesen.de für das Rezensionsexemplar.