Verschenktes Potential

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stephanus217 Avatar

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Lenz Koppelstätter ist bislang in erster Linie als Autor der sehr erfolgreichen Südtiroler Krimireihe um Commissario Grauner aus Bozen bekannt. Nun startet er eine neue Reihe, in deren Zentrum die junge und ehrgeizige Journalistin Gianna Pitti steht die beim altehrwürdigen Messaggiero di Riva als Gerichtsreporterin beschäftigt ist. Gianna stammt aus einer alten Landadeldynastie am See. Ihr Vater war bis zu seinem mysteriösen Verschwinden ein hochangesehener Journalist, in dessen Fußstapfen sie treten möchte. Sie lebt aktuell bei ihrem etwas spleenigen Onkel, der mit seiner beginnenden Demenz zu kämpfen hat, auf dem alten Familiensitz.

Eines Morgens findet sie auf ihrem Weg in die Redaktion das Hafengebiet von Riva in heller Aufregung; Polizei, Wasserrettung, Notarzt, Spurensicherung, alle sind vor Ort. Sie beschließt, der Aufregung auf den Grund zu gehen. Sie schleicht sich durch die Absperrungen und stellt fest, dass eine männliche Leiche aus dem Hafenbecken geborgen wurde. Erschreckt erkennt sie, dass es sich bei der Leiche um Ihr Date vom Vorabend handelt. Um nicht in den Fokus der Ermittlungen zu geraten, offenbart sie ihr Wissen nicht. Statt dessen beschließt sie, auf eigene Faust zu ermitteln, zieht jedoch zur Sicherheit ihren Onkel und ihre Chefredakteurin ins Vertrauen und ist verblüfft, dass auch diese eine ihr verborgene Verbindung zueinander haben. Gelingt die Aufklärung?

Ich habe mit diesem Krimi so meine Schwierigkeiten, obwohl die Zutaten eigentlich stimmen. Die Buchidee ist vielversprechend, Die Darstellung der Story aus verschiedenen Blickwinkeln erzeugt Spannung und Atmosphäre und ist naheliegend. Darüber hinaus sind die Charaktere der Hauptpersonen interessant angelegt und bergen die eine oder andere dicke Überraschung.



Aber, in nur rund 200 Seiten passt eben zu wenig Krimi hinein und dort steckt meines Erachtens das Problems. Die Charaktere etwa sind zwar interessant, bleiben aber bis zuletzt eher blass, eine Vorgeschichte ist allenfalls angedeutet und die eigentliche Story ist nicht sauber durcherzählt. Immer wieder ist man mit Wendungen konfrontiert, die im luftleeren Raum hängen bleiben und ständig, insbesondere gegen Ende, tauchen Figuren auf, ohne dass das „was und wie“ in die Story eingebettet werden. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, dass ich eigentlich einen wesentlich umfangreicheren Krimi lese, aus dem ganze Szenen, Übergänge und Erläuterungen gestrichen wurde. Auch eine befriedigende Auflösung fehlt.



Und dennoch, das hätte ein richtig guter Krimi werden können. Die Spannung stimmt, der Gardasee hat eine zentrale Rolle und die Qualtäten der Autors als Erzähler sind unbestritten. Das erkennt man auch an vielen Bildern am Rande, die stellenweise beißende Ironie erkennen lassen.



Insgesamt sehe ich aber leider nur drei Sterne, bin aber durchaus neugierig wie es am Gardasee weiter gehen wird.