Anders als erwartet

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Mich hatte „Der Freund“ von der Autorin sehr begeistert, daher war für mich klar, dass ich auch ihren neuen Roman lesen werde. So richtig überzeugt hat mich das Buch aber leider nicht – vielleicht hatte ich einfach die falschen Erwartungen.
Es ist schwer, den Inhalt zusammenzufassen – vordergründig könnte man meinen, es geht um die Begleitung einer Sterbenden. Doch eigentlich ist das nur ein Aspekt - denn vielmehr sind es vielfältige Gedanken zu Menschen und Szenarien, die scheinbar ohne roten Faden aneinander gereiht sind und die mir das Lesen zum Teil sehr schwer gemacht haben. Fast könnte man meinen, es ist eine Aneinanderreihung von Essays, die mal interessanter, mal langatmiger daherkommen: Da gibt es zu, Beispiel die Lesung eines Misanthropen, Gedanken zur Schriftstellerei im allgemeinen oder auch um eine Katze, die ein Zuhause sucht; vor allem aber um Begegnungen mit Menschen, die besonders und andersdenkend sind. Manche Kapitel haben mich durchaus gefesselt, manche aber haben mich auch angestrengt oder gelangweilt – am meisten gestört hat mich aber, dass nicht der Eindruck eines Romans entsteht, sondern man das Gefühl hat, eine Aneinanderreihung von Essays zu lesen. In der zweiten Buchhälfte wird die Erzählweise etwas stringenter, und inhaltlich fokussiert sich das Geschehen auf die erkrankte Freundin. Trotzdem hat mich die Umsetzung der Idee, ein Buch über Verbundenheit und Mitgefühl zu schreiben, nicht überzeugt.
Die namenlose Erzählerin bleibt leider sehr blass, obwohl sie viele ihrer Gedanken preisgibt; trotzdem konnte ich sie nicht so recht fassen. Bei ihr fehlt mir die eigene Geschichte, die zwar immer mal wieder anklingt, aber leider nicht richtig greifbar ist. Viel besser gefallen als Person hat mir da ihre Jugendfreundin – die ist klar in ihren Aussagen, mit ihrer Geschichte sehr authentisch, und mit ihr hatte ich tatsächlich auch Mitgefühl.
Ansprechend finde ich auch den Schreibstil der Autorin – er ist klar und direkt, es gibt keine Schnörkel oder blumigen Beschreibungen, dafür viele Gedankengänge, denen ich mal besser, mal schlechter folgen konnte, die aber zum Teil sehr inspirierend waren und mich auch zum Nachdenken angeregt haben.
Als Roman hat mich das Buch leider nicht überzeugen können, eher sollte man es als Sammlung von Essays sehen – dann hätte ich damit anders umgehen können. Ich gebe diesem Buch 3 von 5 Sternen.