Brilliant und fordernd

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merkurina Avatar

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Die Leseprobe zu diesem Buch bestand, was relativ selten ist, nicht aus dessen Anfangsseiten; vielmehr sprang die Leseprobe mit einem späteren Kapitel rein in medias res, als sei sie eine Art Triggerwarnung (,die allerdings selbst ohne Triggerwarnung daher kam). Denn in der Leseprobe wurde gleich klar: Es geht ums Sterben.
Anfangs wirkt das etwas harmloser und weniger thematisch deutlich. Die Freundin ist schwer krank, hat aber gerade eine optimistische Zwischendiagnose bekommen. Ein Mann hält einen Vortrag - allerdings mit sehr beklemmendem Inhalt - es stellt sich heraus, dieser irritierende Akademiker ist der Ex der Ich-Erzählerin. Das Buch hebt an mit großartigen Beobachtungen, mit kluger Ironie und einer für mich absolut sympathischen Erzähl"stimme". Und so war ich dann ganz bald sehr eingenommen auch von der mir bis dato unbekannten Autorin, welche mich, da sie eine Protagonistin erzählen läßt, die selbst Schriftstellerin ist, schnell an von mir sehr geschätzte US-amerikanische Autorinnen erinnert: Sri Hustvedt etwa oder Lily Brett. Susan Sontag - die Sigrid Nunezt tatsächlich ganz gut kannte und über die sie geschrieben hat - oder auch Elizabeth Strout. Ich reihe Sigrid Nunez ein!
Das Buch verliert nie ganz seine Leichtigkeit, die in philosophischen Überlegungen, feinen Ausflügen in die Meta-Ebene besteht - das muss man mögen, es ist eine gewisse intellektuelle Herausforderung, ich mag es sehr. Und gelichzeitig wird der Text dann doch fordernder, beklemmender. Die Themen Sterben, nicht mehr da sein, Verdrängung... es sind keine leichten Themen und das Buch spendet keinen kitschigen Trost. Und es konfrontiert auch noch mit der drohenden Klimakatastrophe, vor der wir in keiner Weise mehr die Augen verschließen können. Was wir natürlich dennoch tun ... sonst hätte ich das Buch nicht einfach so "weglesen" können. Ein kluges Buch, das zumutet, was zuzumuten ist. Aua.