Empathische Geschichte mit verwirrenden Elementen

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Der Roman "Was fehlt dir" (aufbau) von Sigrid Nunez handelt von einer todkranken Frau. Er ist geschrieben aus der Perspektive einer Freundin, die sie in der letzten Zeit begleitet. Dabei werden neben der aktuellen Situation auch die Gedanken und Erinnerungen der Freundin beschrieben.

Das Cover hat eine beruhigende Wirkung mit dem blau-grünen Hintergrund und der Katze auf dem Sofa und passt damit gut zur Geschichte. Die Schrift von Titel und Autorin stellt hingegen einen farblichen Kontrast dar.

Aufgeteilt ist der Roman in drei Teile, denen jeweils ein Zitat zugeordnet ist. Jeder Teil ist kürzer als der vorherige. Der erste Teil spielt bevor sich die beiden Frauen täglich sehen, im zweiten Teil leben sie gemeinsam fern der Heimat in einem Haus und im dritten zusammen in der Wohnung der krebskranken Frau.

Diese Geschichte wird auf empathische Weise erzählt. Der Schreibstil wechselt jedoch. Teilweise ist der Text sehr schön zu lesen und stringent erzählt, dann stockt das Lesen wieder und es fällt schwer, zu folgen. Die Sätze sind Mal fließend, Mal abgehackt und eher stichpunktartig. Im Buch sind daher Kapitel, die ich hervorragend fand, und andere, durch die ich mich durchkämpfen musste. Die Geschichte wird gegen Ende aber immer stringenter erzählt und es kommen noch ein paar sehr schöne, wertvolle Stellen. Durchhalten lohnt sich.

In der Geschichte werden keine Namen genannt, sondern immer nur "meine Freundin", "ein Mann", "seine Frau", "mein Ex", "die Sozialarbeiterin" usw. Dadurch wird eine gewisse Distanz gewahrt und grundsätzlich könnte jede/r dafür eingesetzt werden. Auch die Erzählerin bleibt sehr wenig greifbar.

Die Übergänge sind manchmal recht abrupt. Zwar sind sie durch Absätze hervorgehoben, aber es ist zunächst nicht immer klar, wie es zu dem Sprung kam und ob man sich darauf einlassen kann. Der rote Faden ist daher nicht immer klar erkennbar. Auf der anderen Seite kommen Gedanken einem ja auch einfach in den Sinn, ohne dass es immer einen klaren Zusammenhang gibt.

Das Thema Leben und Sterben ist sehr interessant, da es uns doch alle betrifft. Mir gefällt, dass hier viele Gedanken und Punkte angeführt sind, denen sonst wenig Beachtung geschenkt wird, da diese unangenehm sind. Dadurch wird die Geschichte aber authentisch. So könnte es jede Person in der Situation durchmachen. Es geht nicht um Ideale, sondern darum, Fragen aufzuwerfen.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass der Roman zum Nachdenken anregt. Wer keine Scheu vor der Materie hat, sich auch nicht direkt von eher verwirrenden Stellen im Buch abschrecken lässt und nicht auf eine stringente Erzählung besteht, dem sei dieses Buch empfohlen.