Was ich euch nicht erzählte

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joanbowe Avatar

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Was ich euch nicht erzählte

Ohio in den 70er Jahren: die 16jährige Lydia verschwindet, Tage später wird sie tot in einem nahe gelegenen See aufgefunden.
Was ist geschehen? Die Autorin Celeste Ng dringt ganz tief in das Leben Lydias ein, erzählt in Rückblenden und aus der Sicht einzelner Familienmitglieder, wie es zu diesem Tod kommen konnte. Dabei springt die Handlung zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her. Das ist aber nicht verwirrend sondern sehr durchdacht und gut nachvollziehbar.
Lydias Vater ist Universitätsdozent in einer Kleinstadt, die Mutter Hausfrau, der ältere Bruder kurz vor dem Schulabschluss, die kleine Schwester unauffällig. Eine normale Familie. Doch der Vater ist ein chinesischer Einwanderer in zweiter Generation, hat eine Amerikanerin geheiratet, die Kinder sind Mischlinge. Und im Amerika der 50er, 60er und 70er Jahre ist das alles andere als normal. Die Familie gilt als exotisch, wird ausgegrenzt, gehört nicht als vollwertiges Mitglied zur amerikanischen Gesellschaft.
Celeste Ng erzählt, was das für die Eltern wie auch für die Kinder bedeutet, was für enttäuschte Erwartungen vom Leben die Eltern mit sich herumtragen und wie sie mit aller Macht wünschen, dass die Kinder einmal alles das werden was sie selbst nie werden konnten.
Dass sie dabei Lydia in eine bestimmte Schablone pressen wollen, die diese aber nie wird ausfüllen können und dabei die beiden anderen Kinder vernachlässigen, ist ihnen nicht bewusst.
Lydia kann diesem Druck nicht standhalten, und erst nach der Katastrophe wird in den Eltern langsam und schmerzlich ein Umdenken einsetzen.
Es ist eine verstörende Geschichte, die sich weitgehend unter der Oberfläche dieser auf den ersten Blick ganz gewöhnlichen Familie abspielt und sie hat mich sehr berührt. Hier hat die Autorin in meinen Augen ein Meisterwerk vorgelegt.
Da dies ihr erster Roman ist hoffe ich, in Zukunft noch mehr von ihr zu lesen.