Amnesie und ihre Folgen

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mel.e Avatar

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"Was wir sehen, wenn wir lieben" ist ein Roman, der definitiv nachdenklich stimmt. Sich nicht an die letzten fünf Jahre seines Lebens zu erinnern, wird für Teresa zur schmerzlichen Wahrheit, zumal sie dadurch viel aufzuarbeiten hat. Ihr jetziges Leben ist ihr komplett fremd, was ihren Wohnort, ihre Arbeitsstelle und auch die Männer in ihrem Leben betrifft. Alte Freundschaften scheinen zerstört, ihre Begabung des Tätowierens ad acta gelegt und Henry nicht mehr präsent in ihrem Leben? Es ist zunächst ein Schock, aber die Chance etwas wunderbares aus dem "Jetzt" zu machen. Romane, die sehr viel Tiefgang haben und nicht nur eine schnöde, vorhersehbare Liebesgeschichte erzählen, können mich immer wieder begeistern, sodass ich durch die Seiten meines E-Books förmlich flog und mich jede Seite mehr und mehr überzeugen konnte. Theresa ist kreativ, witzig und auf dem besten Weg sich selbst zu finden. Sie hat vieles aufzuarbeiten, vieles davon schmerzt und dennoch findet sie letztendlich in ihr altes Leben zurück, was mir mehr zusagt, als das "Jetzt", welches vor Oberflächlichkeit nur strotzt. Es scheint absolut nicht passend zu sein zu der einfühlsamen und liebenswerten Theresa, die ich kennenlerne. Die Amnesie hat in ihrem Fall etwas sehr Positives.
Auch wenn Theresa hier und da erneut verletzt wird, beginnt sie zu kämpfen. Sie kämpft um sich selbst und ihre Liebe, wobei sie hier einige Erkenntnisse gewinnt, die sehr schmerzen. Es ist ein großer Verlust und ein Versprechen, welches Theresa gibt und dabei selbst sehr unglücklich wird. Die Autorin rollt hier einiges auf, was letztendlich zur Persönlichkeit der Protagonistin absolut passend erscheint. Theresa ist nicht oberflächlich, sondern sehr bedacht, wobei es ihr ein großes Päckchen an Schmerz aufbürdet. Ihre Schwester Sophie ist da nicht besonders hilfreich, da sie das gegebene Versprechen in den Fokus rückt und Theresa dadurch immer wieder ein schlechtes Gewissen macht. Es zeigt sich, das Sophie ihre eigenen inneren Kämpfe ausfechten muss und gebrochen ist vor Trauer. Der Roman besitzt ganz viel Tiefe, was mir sehr gefallen hat, auch wenn ich selbst gerade mit Verlusten zurecht kommen muss, ist es ein großer Trost zu erkennen, dass der Schmerz irgendwann erträglich wird.
Ich vergebe gerne eine Leseempfehlung an einen ganz wunderbaren Roman, der mit ganz viel Liebe und wundervollen Begebenheiten angefüllt war, das mir das Lesen eine wahre Freude war. Die verschiedenen Perspektiven lassen ihn lebendig wirken und geben Einblicke auf ein Leben, welches aus den Fügen gerät und dennoch die Möglichkeit bietet, kleine und große Schritte auf eine wunderbare Zukunft zu richten.