Wenn nichts bleibt, wie es war

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webervogel Avatar

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In den ersten Kapiteln dieses Romans fällt folgender Satz: „Du solltest an Deinen Freundschaften festhalten […]. An den Frauen. Am Ende werden nur sie für Dich da sein.“ Doch das Festhalten an Freundschaften, auch oder gerade langjährigen Freundschaften, ist nicht immer einfach. Meist freundet man sich während einer ähnlichen Lebenssituation an, wenn man in räumlicher Nähe zueinander wohnt und zumindest teilweise ähnliche Interessen verfolgt. Aber was passiert, wenn sich diese Parameter ändern?

Davon handelt „Was wir sind“, der dritte Roman der britischen Autorin Anna Hope. Ihre drei Hauptfiguren Hannah, Lissa, Cate kennen sich aus Schule und Studium. Das Buch beginnt mit einem Rückblick auf das Jahr 2004, als die drei 29-Jährigen gemeinsam in einer WG in London wohnen, das Wochenende und den Frühling genießen, im Park liegen, Wein trinken und den Tag vertrödeln. Doch schon sechs Jahre später sind die Weichen ganz anders gestellt: Cate hat eine Familie gegründet und ist nach Canterbury gezogen. Hannah und ihr Freund Nathan versuchen, ein Baby zu bekommen. Und Schauspielerin Lissa realisiert, dass sie ihren beruflichen Zenit mit Mitte 30 schon überschritten haben könnte.

Anna Hope räumt jeder der drei Figuren gleichermaßen Platz ein, alle Frauen kommen selbst zu Wort und berichten von ihren Erlebnissen. Zwischendurch gibt es Rückblicke, die von ihrem Kennenlernen, von Wendepunkten in ihren Leben und ihren Beziehungen zueinander erzählen. Der Roman heißt „Was wir sind“, doch was sie sind, ist Hannah, Lissa und Cate gar nicht immer so klar. Denn selbst wenn man seinen Platz im Leben gefunden zu haben glaubt, muss dieser nicht für alle Zeiten sicher sein.

Die drei Protagonistinnen sind sehr unterschiedlich, doch Anna Hope schafft es, sie den Lesern gleich nah kommen zu lassen. Berührend dargestellt werden auch die inneren Nöte, die jede der Figuren hat – obwohl sie alle Leben führen, die Außenstehende als erfolgreich, angekommen und beneidenswert beurteilen könnten. Tatsächlich beneiden Hannah, Lissa und Cate sogar einander, und auch das ist nachvollziehbar: Was einer Freundin wichtig ist, fällt der anderen vielleicht mühelos in den Schoß, was die eine sich erkämpfen muss, bedeutet der anderen wenig. Doch wie viel Diskrepanz und Distanz hält ihre Freundschaft aus?

Der Roman liest sich schnell und intensiv und hat mir aufgrund seiner abwechslungsreichen Darstellungen und der Tiefe der Figuren gut gefallen. „Was wir sind“ ist keine Feelgood-Lektüre, sondern bittersüß und stellenweise durchaus unter die Haut gehend.

Ich habe dieses Buch als Rezensionsexemplar erhalten.