Weniger ist manchmal mehr

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Wie im Klappentext beschrieben geht es um die 18jährige Layken, die mit ihrem 9jährigen Bruder Kel und ihrer Mutter nach Michigan zieht, nachdem ihr Vater plötzlich verstorben ist. Der 21jährige Nachbarsjunge Will und sein ebenfalls 9jähriger Bruder Caulder sichern sich ziemlich schnell einen Platz im Herzen von Layken, doch dann macht das Leben ihnen einen Strich durch die Rechnung. Im Klappentext wird ebenfalls erwähnt, dass die beiden das ganz große Glück drei Tage lang genießen dürfen. Und damit wären wir bei meinem ersten Kritikpunkt: Wer verliebt sich denn am allerersten Tag in der fremden Stadt sofort in einen Typen, über den man quasi nichts weiß, und betitelt die ganze Romanze dann noch als "die große Liebe"? Das ist mir schon vor dem Lesen des Buches ein bisschen seltsam vorgekommen und leider hat es die Autorin dann auch nicht geschafft die ganze Entwicklung authentisch oder fesselnd darzustellen. Mit 18 und 21 Jahren sind mir die beiden auch schon fast zu alt um sofort ein _"Ich liebe dich über alles und würde für dich durchs Feuer gehen, obwohl du eigentlich ein Fremder für mich bist"_-Pärchen zu werden. Den großen Knall zwischen den beiden hab ich als Leser leider nicht mitbekommen. Nun gut, nehmen wir das so hin. Was dann zwischen den beiden vorfällt, möchte ich an dieser Stelle natürlich nicht verraten, allerdings ist das leider genauso unrealistisch. Die beiden probieren mit dem Problem klarzukommen und eine Lösung zu finden, doch das gelingt weder Layken noch Will. Für mich war die Lösung zwar ziemlich offensichtlich auf der Hand, aber okay. Layken versinkt jedenfalls in Depressionen und das war dann auch das erste Mal, dass sie Gefühle zeigte. Man erfährt zu Anfang des Romans, dass ihr Vater erst vor einem halben Jahr gestorben ist, doch sie geht so distanziert und kalt mit diesem Thema um, dass sie nur sehr schwer zu durchschauen ist. Nach der Trennung von Will probiert sie sich in ihrer neuen Umgebung einzuleben und auch noch andere Menschen kennenzulernen. Ich persönlich muss sagen, dass ich sie nur äußerst ungerne im realen Leben treffen würde. Sie ist absolut egoistisch und beschäftigt sich nur mit ihren eigenen Problemen. Im Unterricht macht sie nicht mit, doch die Konsequenzen bleiben leider unerwähnt, obwohl mich das echt interessiert hätte (wer das Buch liest, wird wissen was ich meine!). Kel ist ein ganz normales Kind und hat eine blühende Fantasie, doch Layken fängt plötzlich an ihn anzuschreien und ihm sein Spiel zu verbieten beziehungsweise schlecht zu machen. Ihrer Mutter unterstellt sie unmögliche Dinge und das so kurz nach dem Tod ihres Mannes, wo sie doch wahrlich nur versucht das Beste für ihre Kinder zu machen. Dass Layken überhaupt Freunde findet und von allen Single-Typen in ihrer neuen Klasse verehrt wird, kann ich kaum verstehen. Besonders nicht, weil es sich offensichtlich um extrem nette Menschen handelt! Da haben wir einmal Eddie. Eddie ist ein Mädchen, welches sich selbst so auf den Namen getauft hat. Sie hat ein wirklich schweres Schicksal hinter sich, doch sie ist die Lebensfröhlichkeit in Person und war unfassbar erfrischend. Von Anfang an nimmt sie Layken an die Hand und integriert sie in ihren Freundeskreis und das ganz ohne eine Gegenleistung zu erwarten. Ihr Freund Gavin wirkt perfekt wie für sie gemacht, obwohl er nicht allzu oft auftaucht. Dann ist da noch Nick, der Layken sofort zu einem Date einladen will. Anstatt ihm eine klare Absage zu erteilen, druckst sie nur herum und benutzt ihn, bis Eddie dem armen Kerl reinen Wein einschenkt. Kommen wir mal zu den etwas wichtigeren Personen im Buch, denn bis auf eine kleine Passage über Eddies Vergangenheit und ihre Zukunft kommen Laykens neue Freunde quasi gar nicht vor, es sei denn sie tun ihr einen Gefallen oder helfen ihr. Laykens Mutter scheint eine sehr angenehme und liebe Frau zu sein und für mich persönlich auch unfassbar stark. Kel ist wie weiter oben schon erwähnt genau so, wie ein 9jähriger sein sollte und es hat mich tierisch für ihn gefreut, dass er in Caulder einen neuen besten Freund gefunden hat, nachdem sein Vater gestorben ist. Will ist auf den ersten Blick ein sehr vernünftiger Typ. Er hat die Verantwortung für seinen kleinen Bruder, schmeißt den Haushalt, geht arbeiten, hilft den neuen Nachbarn sofort, ist höflich, nett und zuvorkommend. Ich weiß auch gar nicht so genau, was mich dann an ihm gestört hat, aber warm geworden bin ich mit ihm nicht wirklich. Die ganze Handlung fand ich im Allgemeinen zu übertrieben. Laykens Vater stirbt, sie zieht ewig weit weg, verliebt sich sofort Hals über Kopf und findet dann mit Fingerschnips neue Freunde. Ihr Traumtyp hat ebenfalls einen Haufen eigene Probleme und was dann noch kommt, sind weitere Schicksalsschläge, die zum einen unrealistisch und zum anderen einfach zu viel sind. Um deutlich zu machen wie sehr sich die beiden trotz all der äußeren Umstände lieben, hätte man es hier auch etwas ruhiger angehen lassen können. Ob ich Laykens Entwicklung gut oder schlecht finde, kann ich nicht genau sagen. Auf der einen Seite hört sie auf immer nur an sich zu denken und macht sich gegen Ende des Buches viel mehr Gedanken um ihre Familie, was ich positiv fand. Außerdem zeigt sie viele Gefühle und man bekommt doch noch das Gefühl, dass sie der Tod ihres Vater nicht gänzlich kaltgelassen hat. Andererseits kam es mir dann so vor, als würde sie alle Aktionen, die danach noch kommen, viel zu schnell annehmen. Zuerst stürzt sie in ein riesiges Loch nur weil sie nicht mit dem netten und hübschen, aber immer noch fremden Jungen, zusammen sein darf und dann steckt sie plötzlich weitaus schlimmere Dinge einfach so weg, als wäre es nichts. Diese _"Ich nehme das Schicksal an und liebe das Leben, komme was wolle"_-Haltung ist einfach nicht realistisch. Der Schreibstil hat mir insgesamt gut gefallen. Ich bin schnell voran gekommen und nicht über komische Sätze gestolpert. Ab und zu wurden Gedichte beziehungsweise Poesie der Charakter eingebaut, da es im Wesentlichen um Poetry Slams geht. Bei diesen Slams hat man die Möglichkeit auf der Bühne seine Gefühle vor einem Publikum offen zu legen und das ganz einfach mit seinen Worten und seiner Performance. Dieser Aspekt hat mir sehr gut gefallen, denn es hat den Charakter eine Leidenschaft und damit etwas eigenes und persönliches verliehen. Auch die Texte, die unter anderem von Will, Layken und Gavin vorgetragen werden, lassen tief blicken, was ich sehr schön fand! Zum Aufbau sei noch gesagt, dass am Anfang eines jeden Kapitels Songzitate von den Avett Brothers befinden. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob Laykens Lieblingsband erfunden ist oder nicht, aber irgendwie war mir das zu viel. Man hätte hier definitiv mehr Vielfalt bieten können, denn manchmal sind die gewählten Zitate einfach nur unpassend und inhaltslos. Insgesamt aber eine nette Idee und oft genug hat es ja auch zum Kapitel gepasst. **Fazit** Insgesamt konnte ich mich beim Lesen gut entspannen, allerdings habe ich keinen richtigen Bezug zu dem Liebespaar Layken & Will aufbauen können. Auch die Handlung war teilweise etwas too much und daher war es schwierig für mich, mit den Charaktern mitzufühlen. Gut gefallen hat mir wiederum, dass sich alles irgendwie um die Lyrik und die Poetry Slams im Club N9ne dreht. Der ist nämlich ein zentraler Ort, wo im Verlauf der Geschichte viel Gutes sowie Schlechtes passiert, und die Kapitel an diesem Schauort haben es mir wirklich angetan! Alles in allem ist weniger manchmal mehr und ich kann leider keine klare Leseempfehlung aussprechen. Für einen regnerischen Nachmittag im Bett war das Buch aber durchaus ganz unterhaltsam. Der zweite Teil _Weil ich Will liebe_ soll übrigens im Mai 2014 herauskommen.