An der Kitschgrenze

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hybris Avatar

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Der Roman könnte wirklich herzerwärmend sein, da er im Prinzip alle Ingredienzien für eine ergreifende story enthält.Doch leider versteht es die Autorin nicht wirklich, das richtige Mass zu finden. Die Ansätze sind eigentlich sehr schön: Amerikanisches Kleinstadtleben in MA wird beschrieben, die Protagonisten werden mitsamt ihrer kleinen Fehler beschrieben, aber es ist von allem etwas zu viel und wirkt daher fast klebrig-süß. Das vorherrschende Tempus ist das Präsens, und dies fand ich beim Lesen etwas irritierend.Das erste Kapitel beginnt damit, dass die Witwe fast ihr Haus abfackelt, und nebenbei ein verstecktes Geschenk ihres bereits verblichenen Mannes findet. Sie weigert sich zunaechst, das Geschenk zu öffnen, und dies wird noch im nächsten Kapitel durchexerziert. Ihr Mann kam bei einem Einsatz in New Orleans ums Leben, und die an sich löbliche Hilfsaktion wird schon arg betont. Von der LP hatte ich mir viel versprochen, aber man wird mit den Figuren im Roman einfach nicht "warm" - da es Bessettes Erstling ist,fehlt evtl. einfach die Übung und der lit. "Feinschliff". Manche Ereignisse im Roman sind leider auch recht absehbar, sodass dem plot die Spannung genommen wird. Gut ist jedoch die Beschreibung von Zells Isolation- denn diese geht nicht nur von Zell selbst aus, auch Freunde trauen sich einfach nicht, wirklich beherzt auf die Witwe zu zugehen,so bleibt es bei Versuchen.Die Protagonistin ist von Beruf Illustratorin ( Griff in die Mottenkiste). Damit dem Leser ja auch kein vermeintlicher Kunstgriff entgeht, verweist die Autorin mit dem Holzhammer darauf - Flashbacks gehören zum PTSD, nota bene! Einigermassen kurios sind auch einige Wendungen in der deutschen Übersetzung: es wurde wohl das engl. "shit" mit "Kacke" übersetzt, und dies ist einigermassen unpassend. "Mist!" wäre vllt. die elegantere Lösung. Auch das "verf....t" (wohl für bloody/ fucking) ist stilistisch nicht wirklich geschickt. Trotz dieser Schwächen ist der Roman aber nicht abgrundtief schlecht.Das grosse Thema des Buches ist die Trauerbewältigung.